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Zum Jahreswechsel heisst es langsam wieder, Bilanz ziehen und Kennzahlen der Filmindustrien vergleichen. Die Differenzen zwischen Japan und Deutschland zeigen sich dabei exemplarisch bei einem Vergleich der jeweiligen Marktführer. Auf der Website der Constantin Film AG heisst es:

Über die vergangenen 7 Jahre war Constantin Film mit deutlichem Abstand Marktführer unter den unabhängigen Verleihern in Deutschland und dabei auch konstant auf Augenhöhe mit den US Major Studios. Im Verleihjahr 2007 erzielten wir mit über 8,6 Millionen Besuchern einen Marktanteil von knapp 7,7 Prozent. Trotz des allgemein herausfordernden Kinojahres 2007 ist es Constantin Film somit erneut gelungen, sich an der Spitze der deutschen Independent-Verleiher zu positionieren.

Betrachten wir die Zahlen zum Geschäftsjahr 2008, über die letzte Woche berichtet wurde:

Die Constantin Film AG hat in den ersten drei Quartalen 2008 einen Umsatz von Euro 166,9 Millionen erzielt (Vorjahr Euro 173,4 Millionen). […] Die Constantin Film AG erhöht daher die Umsatzprognose für das Jahr 2008 von zuvor mindestens Euro 230 Millionen auf ca. Euro 250 Millionen und geht nunmehr für 2008 von einem positiven Betriebsergebnis von mindestens Euro 14 Millionen (ehemals mindestens Euro 12 Millionen) aus.

Zum Vergleich: Der japanische Marktführer Toho rechnet für 2008 ebenfalls mit einem guten Jahr, was nicht zuletzt daran liegt, dass allein Hayao Miyazakis Ponyo dieses Jahr um die 120 Mio Euro umsetzte. Bei Toho erwartet man für das Gesamtjahr Erlöse von ca. 690 Mio Euro und einen Gewinn in der Region von 50 Mio Euro.

Der grundlegende Unterschied wird deutlich, wenn wir mal die Einspielergebnisse auf Filmebene vergleichen:

In Japan belegt Toho aktuell mit Ponyo (~120 Mio Euro) und Hana yori dango (~ 55 Mio Euro) die Plätze 1 und 2 in der Jahreshitliste und ist darüber hinaus noch mit Pokemon 10 (~ 34 Mio), Twentieth Century Boys (~ 28 Mio), Doraemon (~ 23 Mio),  Paco and the Magical Book (~ 18 Mio) und Detective Conan (~ 18 Mio) in den Top20 vertreten.

In Deutschland sieht die Sache gleich ganz anders aus, Constantin hat als einzige deutsche Filme gerade mal Die Welle (~ 18 Mio) und den Baader Meinhof Komplex (~ 17 Mio, da kommt aber noch was dazu, der läuft ja noch) in den Top20. BMK wird es wohl noch in die Top10 schaffen, die ansonsten von US-Filmen dominiert werden.

Bezeichnend, oder?

Bereits im August hatte Hayao Miyazakis Ponyo on the cliff by the sea die berühmte 10 Milliarden Yen-Grenze geknackt, und der Film hält sich auch zweieinhalb Monate nach seinem Start noch in den Top10 der japanischen Kinocharts. In 2007 gelang das zuletzt Harry Potter sowie dem Überraschungshit Hero, dieses Jahr gab es glaube ich noch keinen Film, der einen so langen Atem hatte.

Nicht zuletzt dank Ponyo klingeln also bei Toho ordentlich die Kassen, das Studio setzte bis einschließlich September mit 516 Mio. US-$ fast 60 Mio. mehr um als erwartet, die Umsätze lagen somit etwa 15% über den Schätzungen. Neben Ponyo dürfte dieser Erfolg sicher zu einem guten Teil auf Hana yori dango zurückzuführen sein, der in Spielfilmform gebrachte Schluss einer sehr beliebten TV-Serie (ganz ähnlich übrigens wie der oben erwähnte Hero letztes Jahr).

Damit setzt sich ein Trend fort, wonach die großen Erfolge unter den japanischen Produktionen oft Anime oder Verfilmungen von etablierten TV-Serien sind. Letzteres wird auch zunehmend in Hollywood praktiziert, siehe Sex and the City und stellt letztlich eine konsequente Weiterentwicklung der möglichst effizienten Verwertung etablierter Marken dar, die sich bisher in Sequels und Reihen äußerten und nun dafür sorgen, dass TV-Marken dann auch im Kino Geld einspielen sollen.

Update: Die nächste Verfilmung einer TV-Serie (die wiederum auf einem Bestseller-Krimi basiert) macht sich auf, zum Kinohit zu werden: Yogisha X no kenshin, mit bereits mehr als 20 Mio $ Einspielergebnis.

Ende der 1950er Jahre strotzte die japanische Filmindustrie geradezu vor Kraft, die Menschen drängten in die Kinos und kauften 1958 unglaubliche 1,127 Milliarden Eintrittskarten in fast 7500 Kinos. Japanische Filme hatten eine Reihe internationaler Preise gewonnen, inklusive des ersten Oscars – alles schien bestens.

Aber 1963, nur fünf Jahre später, hatte sich die Zahl der Kinogänge bereits mehr als halbiert, bis 1965 sank sie auf nur noch 373 Millionen, oder um insgesamt 75 Prozent. 1961 ging mit Shintoho das erste der sechs großen Studios in den Bankrott, 1971 folgte Daiei und Nikkatsu stellte im selben Jahr die Produktion neuer Spielfilme vorübergehend ein. Übrig blieben nur noch Toho, Shochiku und Toei.

Auslöser dieser Entwicklung war die zunehmende Verbreitung von Fernsehgeräten in den japanischen Haushalten, die besonders im Vorfeld der Olympischen Spiele von Tokyo 1964 stark voranschritt: Jeder wollte die Übertragungen der Wettkämpfe mitverfolgen. So stand Mitte der 1960er in 60 Prozent der Haushalte ein TV-Gerät, wer selbst keines hatte, guckte bei Verwandten, Freunden oder Nachbarn. 1970 gab es bereits 4 private und 2 öffentliche Fernsehsender und Japan war zum größten Produzenten von TV-Programmen weltweit aufgestiegen.

Die Filmstudios versuchten vergeblich, einen Anteil an dieser Entwicklung zu sichern: Sie versuchten, sich bei Sendern einzukaufen und bemühten sich, ihre Produktpalette umzustellen. Doch keinem gelang es, einen Fuß in den Fernsehmarkt zu bekommen. So überlebten die genannten drei großen Studios in erster Linie dank ihrer filmfernen Geschäftsfelder wie Freizeitparks, Immobilien oder Hotels.

Doch der Wandel der Studio-Landschaft machte sich natürlich auch bei den produzierten Filmen bemerkbar. In ihrer Verzweiflung suchten die Produzenten nach neuen Erfolgsformeln, neuen Genres und neuen Talenten. Mit Entsetzen musste beispielsweise Toei mitansehen, wie Jidai-geki-Serien im Fernsehen den zuvor so erfolgreichen chambara-Schwertkampffilmen des Studios Konkurrenz machten und an Popularität bald überholten. So suchte man nach einem neuen Setting für die alte Erfolgsformel und fand diese in der Unterwelt der Yakuza: Die Popularität dieser neuen Gangster-Filme machte den Jidai-geki endgültig den Garaus, rettete aber gleichzeitig das Studio vor dem Bankrott.

Shochiku wiederum überlebte die Siebziger fast ausschließlich dank des phänomenalen Erfolgs der Tora-san Reihe, die gerade ihr 40. Jubiläum feiert und mit 48 Teilen die am längsten laufende Filmserie der Welt ist. Toho dagegen setzte ganz auf in Serie produzierte Monsterfilme: Godzilla musste wieder und wieder antreten und erhielt im Lauf der Zeit illustre Verstärkung von Mothra oder Gamera. Nikkatsu nahm nach einiger Zeit die Filmproduktion zwar wieder auf, beschränkte sich dabei aber fast ausschließlich auf das selbst erfundene Genre des Roman poruno (pornographische Romanzen), ein Subgenre des Pink eiga. Diese Filme, die nur knapp über eine Stunde liefen und meist eine niedrige Qualität aufwiesen, machten in den 70ern etwa die Hälfte der gesamten japanischen Filmproduktion aus.

Von diesem Rückzug der großen Studios und dem Kollaps des dahinterstehenden Studiosystems mit rigiden Verträgen und genau durchplanten Karriereschritten für Filmschaffende profitierten andererseits aber unabhängige Filmschaffende. Diese konnten nun mit einfachen Mitteln experimentelle, kreative und sozialkritische Filme drehen und tatsächlich auch einem Publikum präsentieren. Viele davon, wie Nagisa Oshima, Koji Wakamatsu oder Shohei Imamura zählen heute zu den wichtigsten japanischen Regisseuren und trugen entscheidend zur Weiterentwicklung des japanischen Kinos bei.

Sie konnten jedoch den Bedeutungsverlust des Spielfilms nicht ausgleichen, und da den japanischen Produktionen auch der Weg auf den Weltmarkt verwehrt blieb, sah Joseph Anderson eine düstere Zukunft vorher:

At the bottom line in 1982, the Japanese film industry, in contrast to so many other Japanese manufacturers, had no significant foreign markets and the worst prospects at home. It had become Japan’s answer to Chrysler.

Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass die Rettung und der Weg zu neuem Glanz ausgerechnet von einem Genre kommen könnte, das im Fernsehen zu großer Popularität gelangt war. Mehr davon demnächst.

Mal wieder bietet uns Mark Schilling einen interessanten Überblick zum Zustand der Filmindustrie (mit Schwerpunkt auf Indie-Produktionen) in Japan, das mit fast genau 2 Mrd. US-$ Umsätzen an den Kinokassen der zweitgrößte Filmmarkt der Welt ist. 163,2 Mio Kinokarten wurden dort 2007 verkauft, rein statistisch gesehen geht also jeder Einwohner 1,28 Mal im Jahr ins Kino. Doch wie war das vor einem halben Jahrhundert, in der goldenen Ära des japanischen Kinos?

Vergleichen wir den Schilling-Artikel also mit den Zahlen1 aus den späten 1950er Jahren: Damals ging der Normal-Japaner 12 Mal im Jahr im Kino, zehnmal so oft wie heute! Das Fernsehen hat unübersehbar seine Spuren hinterlassen… Nur vergleichsweise gering zurückgegangen ist dagegen die Anzahl der japanischen Filme, die in den Kinos gezeigt wurden: Stolze 407 heimische Werke liefen 2007, vor 50 Jahren schwankte dieser Wert noch um die 500.

Jedoch finden nicht alle in Japan produzierten Filme auch den Weg auf die Leinwand, besonders kleine, unabhängige Labels haben massive Schwierigkeiten, Kinos zu finden, die ihre Filme spielen. Das hängt nicht zuletzt mit den Besonderheiten des Distributionssystems in Japan zusammen. Die großen Studios, allen voran Toho, besitzen eigene Kinoketten, während kleine Studios Verträge mit unabhängigen Kinos aushandeln müssen. Das war vor einem halben Jahrhundert genauso, doch lag damals die Zahl der Kopien für die „großen“ Filme viel niedriger als heute: 50 Kopien wurden damals durchschnittlich von einem Film angefertigt, bei großen Produktionen 70 bis 100 (bei ca. 7000 Kinos im Land). Heute dagegen startet kaum noch eine größere Produktion mit weniger als 100 Kopien, die „Blockbuster“ kommen locker auf 300 bis 400. Dementsprechend weniger Slots in den Kinos bleiben für die kleinen Fische.

Die Bedeutung ausländischer Filme nahm zudem in den letzten Jahrzehnten deutlich zu, auch wenn diese im internationalen Vergleich noch immer bemerkenswert gering ist. Fast genau die Hälfte der in japanischen Kinos gezeigten Streifen kommt heute aus dem Ausland (und das entspricht auch in etwa ihrem Umsatzanteil), in den guten alten Zeiten war es nur ein Viertel. Dennoch ist der japanische Filmmarkt in guter Verfassung, Studios sind nicht auf Export ihrer Filme angewiesen und können die Finanzierung ihrer Projekte ganz aus heimischen Mitteln decken, meist über verschiedene Partner wie TV-Sender, Verlage oder Sponsoring.

Die Industrie kann es sich also leisten, sich ganz auf ihr heimisches Publikum zu konzentrieren, daran hat sich in den letzten Jahrzehnten trotz der dramatisch gesunkenen Zuschauerzahlen wenig geändert. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unmittelbar nach der goldenen Ära, etwa ab Mitte der 1960er Jahre, der durch die Verbreitung des Fernsehens verursachte Rückgang der Zuschauerzahlen die Filmindustrie schwer traf und diese in eine tiefe Krise schickte. Aber diese Geschichte erzähle ich ein andermal.

1 Die Angaben stammen aus Joseph L. Anderson/Donald Richie: The Japanese Film. Art and Industry

Das traditionsreiche Filmstudio Shochiku setzt auf Online-Vertrieb seiner Filme: Ab 21. Mai sollen über einen neuen Streaming-Dienst (Shochiku Online) Filme aus dem umfangreichen Katalog des altehrwürdigen Studios verfügbar werden. Zum Start kann der Kunde aus rund 100 Filmen auswählen, monatlich sollen 10 bis 20 weitere hinzukommen so dass am Ende des Jahres die Film-Bibliothek schon etwa 200 Filme umfassen soll. Der Preis für einen einzelnen Film soll bei 367 Yen (derzeit etwa 2,30 Euro) für eine Woche liegen, das Monats-Abonnement soll ca. 6,50 Euro kosten.

Das klingt zunächst sehr interessant, besonders weil sich in den Archiven von Shochiku allerlei Klassiker wie Filme von Yasujiro Ozu, Keisuke Kinoshita, Masaki Kobayashi, Shohei Imamura und (etwas aktueller) auch von Yamada Yoji oder Takeshi Kitano tummeln. Leider liegen keine Informationen zu Untertiteln vor, möglicherweise ist das Angebot nur auf den japanischen Heimatmarkt ausgerichtet. Und dann ist da noch die Frage der begrenzten Nutzung: So wie es sich im Moment anhört, stehen die einmal gestreamten Filme dem Kunden nicht dauerhaft zur Verfügung sondern nur für einen bestimmten Zeitraum.

Wenn dem wirklich so ist, wird das in meinen Augen ein massives Hindernis für den Erfolg des neuen Dienstes. Das Scheitern von DRM bei Musik hat bereits gezeigt, dass die Kunden nicht bereit sind, für Medien zu bezahlen, die ihnen dann nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen. Zudem sehe ich bei dem Preismodell dann eine hochproblematische Konkurrenz mit der DVD: Wer den Film wirklich „besitzen“ will, kann für ein paar Euro mehr die DVD kaufen, die dann wahrscheinlich auch noch Hintergrundinfos, Kommentare etc. enthält und zusätzlich mit einer besseren Qualität aufwarten kann als die übers Internet ausgelieferte Version.

Grundsätzlich macht Shochiku in meinen Augen aber trotz der noch offenen Fragen definitiv einen Schritt in die richtige Richtung. Es macht für so ein Studio einfach Sinn, billig-DVDs durch Online-Streaming zu ersetzen, da es so auf Zwischenhändler verzichten kann und mit einem einzigen „Shop“ ein weltweites Publikum bedienen kann. Zudem lassen sich ganz im Sinne des Long Tail so auch Ladenhüter monetarisieren, die normalerweise mangels Nachfrage nie auf DVD erschienen wären. Das Hochpreissegment qualitativ hochwertiger DVD-Ausgaben à la Criterion mit Making-Of, Booklet, Kommentaren, Storyboard usw. dagegen wird davon imho nicht beeinträchtigt, da diese sich an die echten Fans, Cineasten und Sammler richten.

Via VarietyAsia

Die Abrechnungen für das abgelaufene Jahr sind gemacht und zeigen einen leichten Rückgang in den Besucherzahlen (minus 0,8 Prozent) und im Umsatz (minus 2,2 Prozent). Der Marktanteil der heimischen Filme ging etwas deutlicher zurück und lag bei „nur“ 47,7 Prozent, diese mussten sich also anders als 2006 der ausländischen Konkurrenz geschlagen geben.

Top 10 Hollywood-Filme:

  1. Pirates of the Caribbean At World`s End
  2. Harry Potter and the Order of the Phoenix
  3. Spider-Man 3
  4. Letters from Iwo Jima
  5. Transformers
  6. Die Hard 4.0
  7. Ratatouille
  8. Night at the Museum
  9. Ocean`s Thirteen
  10. Resident Evil:Extinction

Damit belegen die Harry Potter und PotC-Reihen wie schon im letzten Jahr die ersten beiden Plätze und waren mit Einspielergebnissen von 10,9 bzw. 9,4 Mrd. Yen auch die beiden erfolgreichsten Filme an den japanischen Kinokassen überhaupt. Genau wie im Vorjahr hat die Nummer 1 etwa viermal so viel eingespielt wie die Nummer 10, bei einem Gesamtergebnis der Top 10 von 53,96 Mrd Yen (2007: 57,22 Mrd).

Top 10 Japanische Filme:

  1. Hero
  2. Pokémon: The Rise of Darkrai
  3. Always -Sunset on Third Street- 2
  4. Monkey Magic
  5. Love and Honor
  6. Sky of Love
  7. Doraemon Nobita no Shinmakai daibouken Shichinin no Mahoutsukai
  8. Dororo
  9. Unfair The Movie
  10. Detective Conan Jolly Roger in the deep Azure

Klarer Überflieger bei den japanischen Produktionen war Hero mit 8,15 Mrd Yen, die Pokemons folgen mit deutlichem Abstand und 5,0 Mrd Yen, das Verhältnis der Nummern 1 und 10 bewegt sichdieses Jahr im gleich Rahmen wie bei den Hollywood-Filmen. Mit 42,35 Mrd Yen spielten die erfolgreichsten japanischen Filme deutlich weniger ein als im Vorjahr (49,53 Mrd).

Bei den weiteren Filmen fiel mir besonders Evangelion 1.0 auf, der es trotz der geringen Anzahl an Kopien (wegen der ich schon über eine Verknappungsstrategie spekuliert hatte) auf ein Einspielergebnis von 2 Mrd Yen (12,7 Mio Euro) und damit auf Platz 15 bei den erfolgreichsten japanischen Filme brachte. Damit ließ er trotz der lächerlich niedrigen Zahl von 85 Kopien solche Blockbuster wie 300, The Bourne Ultimatum oder Shrek der Dritte locker hinter sich und erzielte fantastische 15.000 Euro pro Kopie!

Eva 1.0, Hero, Hero, Hero, Hero, Hero, Hero, Hero, Crows Zero, Resident Evil: Extinction, Koizora, Koizora, Always 2, Always 2.

Das waren die Spitzenreiter der japanischen Kinocharts in den letzten 4 Monaten, seit ich diese regelmäßig über twitch verfolge. Was fällt auf? Alles sind japanische Filme, bis auf den dritten Teil der Resident Evil-Reihe, der genau eine Woche lang den Spitzenplatz besetzte. Und das, obwohl in dieser Zeit Hollywood-Blockbuster wie Fantastic Four, Ocean’s Thirteen, Rush Hour 3 oder The Bourne Ultimatum liefen. Auf Grund der beeindruckenden Performance der einheimischen Produktionen gehe ich davon aus, dass es auch in diesem Jahr wieder ein ganz enges Rennen zwischen US-Importen und japanischen Filmen um die Vorherrschaft an den Kinokassen gibt.

In Deutschland sind wir von einer so starken heimischen Filmindustrie natürlich meilenweit entfernt, wenn deutsche Filme einen Marktanteil von über 20% schaffen, ist das schon bemerkenswert. Von den anderen europäischen Ländern mit großer Filmtradition sind mir nur Zahlen von Frankreich bekannt, dort können die heimischen Filme den US-Importen Paroli bieten. Zahlen zu Italien oder Spanien liegen mir leider nicht vor, weiss jemand mehr? Meine Vermutung wäre, dass hier eher deutsche als französische Verhältnisse herrschen.

Wie auch immer, ich habe mich gefragt welche die Gründe sein könnten, dass die Japaner gerne japanische Filme gucken. OK, jetzt könnte man einfach pauschal auf die großen kulturellen Differenzen abheben, die zwischen den USA und Europa sehr viel weniger ausgeprägt sind. Aber das führt natürlich nicht wirklich zu neuen Erkenntnissen. Mir sind aber drei Tendenzen aufgefallen, welche die Verbundenheit der Japaner zu ihrer eigenen Filmkultur vielleicht etwas besser erklären, aber auch mit historischen und kulturellen Besonderheiten zusammenhängen:

  • Viele der besonders erfolgreichen japanischen Filme der letzten Jahre waren Anime. Verglichen damit schneiden die US-Animationsfilme eher bescheiden ab. Die lange etablierte Tradition dieser Art von Filme in Japan und die damit verbundenen Gewohnheiten und Normen können von den Filmen aus Hollywood wohl einfach nicht abgedeckt werden. Zudem profitieren viele Anime davon, dass sie auf sehr populären Manga basieren.
  • Die japanische Filmlandschaft ist in viele kleine Nischen zergliedert. Schon historisch gab es in Japan eine sehr große Vielfalt an Genres, die sich bis heute natürlich weiterentwickelt und eben durch die große Popularität der Anime sogar noch weiter ausdifferenziert haben. Die importierten Blockbuster haben den Fans der jeweiligen Genres vermutlich wenig zu bieten.
  • Nicht zuletzt wegen der starken Position des Platzhirsches Toho sowie den renommierten Anime-Studios ist die japanische Filmindustrie in einer ganz anderen Position als etwa die deutsche. Die Studios profitieren zum einen von einem lange etablierten System der Talentakquirierung (über die schauspielerischen Qualitäten dieser idols lässt sich trefflich streiten, aber sie haben bekannte Namen und Gesichter) und ganz besonders davon, dass sie selbst Kinos besitzen, in denen ihre Filme gezeigt werden.

Aber vielleicht liegt es ja doch einfach daran, dass japanische Filme nun mal etwas ganz besonderes sind und ein Flair an sich haben, das sie oft interessanter macht als importierte Mainstream-Blockbuster?

So langsam wird es langweilig, denn seit sechs Wochen steht Hero ununterbrochen an der Spitze der japanischen Kino-Charts! Dabei hat der auf einer sehr erfolgreichen TV-Serie basierende Film nun auch die Marke von 60 Mio US-$ durchbrochen. Zum Vergleich: Ocean’s Thirteen hatte zum selben Zeitpunkt etwa 25 Mio US-$ eingespielt, Harry Potter and the Order of the Phoenix etwas über 70 Mio.

Auch Eva: 1.0 hält sich weiterhin tapfer in den Top10, und das in der nunmehr siebten Woche. Das Einspielergebnis liegt inzwischen bei 14,5 Mio US-$ und dürfte noch weiter steigen, denn die Auslastung der nach wie vor nur 95 Kopien ist weiter hoch: Nach Hero erzielt Eva: 1.0 immer noch die höchsten Erträge je Kopie in den Top10, auch wenn diese von den fantastischen fast 30.000 US-$ der ersten Wochen auf nunmehr 7.777 US-$ gesunken sind.