9 Jan
Jedesmal wenn wir ihn ansehen, führt er anderes Wasser.
Eine sehr interessante Frage hat Girish Shambu auf seinem Blog aufgeworfen: Wie verändert sich unsere Wertschätzung eines Films bei mehrfachem Ansehen desselben über eine längere Zeit? Ändern wir unsere Wahrnehmung eines Films, wenn wir ihn zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal sehen? Wenn wir mehr über den Film und seine Hintergründe wissen, etwa durch Kritiken, Zusatzmaterial auf DVDs oder einfach weil wir älter geworden sind und mehr Lebenserfahrung haben? Er stellt dabei sehr auf den analytischen, diskursiven Wert ab:
I find that the €˜value€™ of a film (and by this I mean not some €˜objective value€™ but a subjective determination of the value to a particular viewer) is a complex, mutating entity. Let€™s say that on a given day, I watch a film, think about it, and arrive at a determination of its €˜value€™. As time passes, my thoughts of this film don€™t stay fixed but are instead joined with all the discourse (watching, talking, writing), both about this film and cinema in general, that I encounter from then on.
Im Gegensatz zu Girishs Ansatz (der natürlich auch sehr spannend ist, keine Frage!) sehe ich für mich aber mehr den rein persönlichen Zugang, die individuelle Rezeption losgelöst von wohl überlegtem und analysierten Wert im Vordergrund. Also wie sich etwa meine persönliche Lebenssituation geändert hat oder dass ich den Film in einer komplett anderen Stimmung ansehe und dadurch ein anderes Seherlebnis habe.
Das erste Mal, dass man einen Film sieht, ist immer etwas ganz Besonderes und wann immer man ihn sich noch einmal ansieht, es wird nie wieder so sein wie beim ersten Mal. Bei manchen Filmen kommt Enttäuschung auf, weil man inzwischen erfahren hat, dass er stark auf früheren Werken anderer Künstler aufbaut. Oder weil die Faszination der Geschichte, das Entgegenfiebern der Auflösung wegfällt.
Genausogut kann es sein, dass man es erst bei einem späteren Wieder-sehen richtig funkt. Mir ging das beispielsweise mit Once Upon a Time in the West so. Als ich den das erste Mal gesehen habe, bin ich irgendwann als mal wieder nichts passierte eingeschlafen. Ein paar Jahre später, beim zweiten Ansehen, war ich komplett von den Socken.
Für mich persönlich ist dabei auch die Stimmung sehr wichtig, und zwar nicht nur meine eigene sondern auch die erweiterte Stimmung einer Situation. Was ich damit meine? Wenn du dir einen Film mit deiner Freundin/deinem Freund zusammen anschaust, mag er wunderbar zu eurem Verliebtsein, eurer Zweisamkeit passen und dir bzw. euch etwas ganz besonderes geben. Wenn du ihn dir aber später allein ansiehst, ist er einfach nur stinklangweilig. Oder im schlimmsten Fall, wenn ihr euch inzwischen getrennt habt, weckt er Erinnerungen an die Umstände des ersten Sehens und ruft Schmerz oder Ablehnung hervor, die mit dem Film selbst überhaupt nichts zu tun haben.
Bei mir ist es inzwischen auch so, dass manche Filme die mir sehr gefallen und die ich schon oft gesehen habe eine gewisse Aura entwickeln, weil ich mit ihnen bestimmte Ereignisse, Erinnerungen oder Stimmungen verbinde. Und so schaue ich mir diese Filme nicht nur wegen des Films an sich nochmal an, sondern auch, um in diese ganz eigene Aura einzutauchen.
Wie geht dir das?
2 Kommentare for "Ein Film ist wie ein Fluss…"
Das mit der Aura stimmt definitiv =)
Das geht mir vorallem bei allen Ghibli-Animes so.
Einen Film zum ersten Mal zu schauen ist einfach unvergleichglich, denn alle Emotionen die ich beim Schauen empfinde, werde ich nie wieder so empfinden können, eben weil die danach für mich zwar gleich sein mögen, aber die Intensität ist nicht mehr dieselbe: So erging es mir nachdem ich Pixar´s Ratataouille zum zweiten und dritten Mal im Kino anschaute: nachdem ersten Mal anschauen, war der Film zwar immer noch Pixar´s Meisterwerk, aber der Film berührte mich nicht mehr so extrem wie beim ersten Mal. Darum schreibe ich Filmrezensionen auch immer nur nachdem ich einen Film zum ersten Mal geschaut habe =)
Absolute Zustimmung, nur was das Schreiben von Rezensionen angeht haben wir einen anderen Ansatz. Ich schreibe selten über Filme, die ich nur einmal gesehen habe (Ausnahmen wären etwa Filme, die auf Festivals liefen). Ich brauche immer ein bisschen Distanz, bevor ich mich dann ans Schreiben mache.
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