26 Aug
Normalerweise widme ich mich immer Anfang eines Jahres den Statistiken vom jeweiligen Vorjahr, das muss mir irgendwie durchgerutscht sein… also hier nun der verspätete Rückblick auf das Jahr 2011 aus Sicht der japanischen Film- und Kinoindustrie, wie immer anhand der Daten der MPPAJ, kurz „Eiren“.
Umsätze runter, aber mehr Filme in den Kinos
Wenig überraschend war 2011 ein richtig schlechtes Jahr was Besucherzahlen und Umsätze in den Kinos angeht, schließlich saßen alle vor dem Fernseher (so sie denn noch ein Dach über dem Kopf hatten) und sahen einem Kernkraftwerk beim Schmelzen zu. So kamen die japanischen Kinos auf nur 144 Millionen verkaufte Karten, ein Rückgang um 30 Mio gegenüber dem Vorjahr und der niedrigste Stand seit 2000. Das hat natürlich auch auf die Umsätze durchgeschlagen, die gegenüber dem Rekordjahr 2010 um fast 20% zurückgingen.
Interessanterweise war die Zahl der Releases von der Erdbeben-Katastrophe in keiner Weise betroffen, ganz im Gegenteil: Sowohl die Zahl der importierten (358, gegenüber 308 im Vorjahr) als auch der heimischen Filme (441 gegenüber 408) stieg kräftig an, so dass fast 800 Filme den Weg auf die Leinwände fanden. Dabei gelang es den japanischen Filmen im nunmehr vierten Jahr in Folge, sowohl zahlenmäßig wie beim Umsatz vor den importierten Titeln zu liegen: 54,9 Prozent der Einnahmen konnten sie einstreichen.
Die erfolgreichsten Filme kamen allerdings wieder aus Hollywood:
1. Harry Potter and the deathly hallows Pt 2 (Warner | 9,67 Mrd Yen)
2. Pirates of the Caribbean 4 (Disney | 8,87 Mrd Yen)
3. Harry Potter and the deathly hallows Pt 1 (Warner | 6,86 Mrd Yen)
4. From up on poppy hill (Toho | 4,46 Mrd Yen)
5. Pokemon: White Vikrini (Toho | 4,33 Mrd Yen)
6. A Ghost of a Chance (Toho | 4,28 Mrd Yen)
7. Transformers 3 (Paramount | 4,25 Mrd Yen)
8. Space Battleship Yamato (Toho | 4,1 Mrd Yen)
9. Gantz (Toho | 3,45 Mrd Yen)
10. SP 2 (Toho | 3,33 Mrd Yen)
Toho legt weiter zu, Ghibli enttäuscht
Wenn wir uns speziell die japanischen Filme etwas genauer anschauen, fällt wieder die extreme und noch weiter gestiegene Dominanz von Toho ins Auge. Von den 20 erfolgreichsten heimischen Filmen wurden 18 von Toho vertrieben, im Jahr zuvor waren es noch 15 gewesen. Und noch etwas fällt auf: From up on poppy hill stand zwar, wie es sich für einen Ghibli-Film gehört, auch wieder an der Spitze der japanischen Filme, spielte dabei aber nicht einmal die Hälfte dessen ein, was im Jahr zuvor Arrietty umgesetzt hatte. Damit schnitt Goro Miyazakis zweiter Film auch deutlich schlechter ab als sein Debut Tales from Earthsea, das 5 Jahre zuvor immerhin auf Umsätze von 7,65 Mrd Yen gekommen war. Ob diese enttäuschenden Zahlen auch dazu beigetragen haben, dass es dieses Jahr keinen Film aus dem Hause Ghibli gibt und sich das Studio ganz auf sein Dreamteam Takahata und Miyazaki senior konzentriert? Die Zukunft wird es zeigen!
15 Aug
Original: Kamisama no karute (2011), von Yoshihiro Fukagawa
In einer kleinen Provinzklinik müht sich der junge, talentierte Arzt Kuriharai (Sho Sakurai) unermüdlich für das Wohl seiner Patienten. Er bemüht sich zwar, eine professionelle Distanz zu halten, reibt sich aber doch auf und vernachlässigt sein Privatleben und seine Frau Haruna (Aoi Miyazaki). Eines Tages bekommt er eine Einladung zu einem Seminar an einer renommierten Uni-Klinik und kann den leitenden Arzt dort so nachhaltig beeindrucken, dass ihm bald darauf eine Stelle angeboten wird.
Obwohl diese neue Position ihm eine stärkere Spezialisierung, Arbeit nach den neuesten Methoden und geregeltere Arbeitszeiten bringen würde, zögert er jedoch. Grund ist eine todkranke Krebspatientin, die ihm vor Augen führt, welche wichtige Rolle er im Leben und Tod einzelner Menschen spielen kann, und dieser unmittelbare Bezug zu den Patienten würde ihm in der großen Uni-Klinik verloren gehen.
Eingeschoben in die oben skizzierte Haupthandlung ist noch eine Nebenhandlung um mehrere Mitbewohner Kuriharais und seiner Frau, die wohl in einem alten Gasthaus wohnen. Der Bezug zur Haupthandlung hat sich mir dabei nicht wirklich erschlossen, ich kann nur vermuten, dass dieser im Aufgreifen des Abschieds-Motivs (Abschied von Freunden hier, vom Leben in der Haupthandlung) liegt.
Wenn das so als Parallele gedacht war, ist es nicht wirklich gelungen, wie eigentlich der ganze Film mich ziemlich enttäuscht hat: Spannende Themen wie Alterung der Gesellschaft, Einsamkeit im Alter, Pflege oder vielleicht gar Sterbehilfe werden gar nicht oder nur oberflächlich angeschnitten. Stattdessen erliegt der Film wie so viele andere der Versuchung, sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Und Aoi Miyazaki, eine großartige Schauspielerin, auf die ich mich sehr gefreut hatte, spielt im Film eine fast nur dekorative Rolle. Positiv aufgefallen ist mir allerdings Sho Sakurai, der als Teil der Boygroup Arashi berühmt wurde und in der Vergangenheit überwiegend an TV-Serien und Teenie-Filmen mitwirkte. Insofern ist seine Rolle in In His chart wohl als Schritt in Richtung einer ernsthaften Schauspielkarriere zu bewerten, der gar nicht mal so schlecht ausfällt.
Alles in allem ist In His chart einfach viel zu langatmig und weist einige Brüche und kaum aufeinander abgestimmte Handlungsstränge auf. Sehr schade auch, dass wichtige Charaktere mit großem Potenzial unterentwickelt bleiben. Auf der Habenseite stehen jedoch eine warmherzige Atmosphäre und eine humanistische Botschaft. Alles in allem eher ein belangloser denn ein schlechter Film.
Viel spannendes und lesenswertes tauchte in den letzten Wochen und Monaten in meinem RSS-Reader auf und ein paar Highlights möchte ich heute hervorheben und zur Lektüre weiterempfehlen:
Viel Spaß beim Lesen!