Die finalen Zahlen der Motion Picture Association of Japan sind raus. Zeit also, um einen Blick auf die Trends des Jahres 2010 in den japanischen Kinos zu werfen. Der erste dieser Trends, der beileibe kein japanisches Phänomen war, wird gleich beim ersten Blick auf die erfolgreichsten Filme des Jahres offensichtlich:

  • Avatar (Fox | 15,6 Mrd Yen)
  • Alice im Wunderland (Disney | 11,8 Mrd Yen)
  • Toy Story 3 (Disney | 10,8 Mrd Yen)
  • Karigurashi no Arrietty (Toho | 9,25 Mrd Yen)
  • Umizaru 3 (Toho | 8,04 Mrd Yen)
  • Bayside Shakedown 3 (Toho | 7,31 Mrd Yen)
  • Up (Disney | 5,0 Mrd Yen)
  • One Piece: Strong World (Toei | 4,8 Mrd Yen)
  • Resident Evil: Afterlife (Sony | 4,7 Mrd Yen)
  • Pokémon: Zoroark: Master of Illusions (Toho | 4,16 Mrd Yen)

Drei US-Filme an der Spitze der Charts, das gab es zuletzt 2006 mit dem Trio aus Harry Potter, Pirates of the Caribbean 3 und The Da Vinci Code, nur dass die Nachfolger von 2010 allesamt 3D-Filme waren. Ein Trend, der im letzten Jahr das Geschehen an den Kinokassen rund um die Welt prägte und auch dafür sorgte, dass die Japaner mit 220 Mrd Yen mehr Geld an den Kinokassen ausgaben als jemals zuvor. Dass Hollywood mit seinen gigantischen Ressourcen dabei den Vorreiter macht, war zu erwarten. Spannend wird es zu sehen, ob die nachfolgenden japanischen 3D-Filme (wie etwa der für 2012 angekündigte Always 3) noch von dem Neuigkeitseffekt profitieren und an die kommerziellen Erfolge anknüpfen können.

3D und Franchises dominierten die Kino-Charts

Bei einem Blick speziell auf die Top10 der japanischen Filme fällt wieder einmal die große Zahl an Fortsetzungen auf. Mit Ausnahme von Arrietty und dem erfolglos ins Oscar-Rennen gestarteten Confessions waren alle anderen japanischen Top-Filme Neuauflagen eines Franchise. Mit Nodame Cantabile 1 & 2 schafften es sogar beide Kino-Auskopplungen der gleichnamigen, höchst erfolgreichen Manga- und  TV-Serie unter die Top10. Der Trend, etablierte Stories und Charaktere aus anderen Medien auf der Kinoleinwand weiterzuverwerten, hält also ungebrochen an.

Von dieser Entwicklung mag man halten was man will, sie scheint auf jeden Fall erfolgreich dafür zu sorgen, dass trotz des Hypes um die 3D-Filme aus Hollywood die japanischen Filme ein weiteres Jahr ihren Heimatmarkt verteidigen und 53,6% der Einspielergebnisse einstreichen konnten. Die importierten Filme konnten mit 102 Mrd Yen ihr Ergebnis gegenüber den Vorjahren zwar deutlich steigern, dies dürfte aber weitgehend auf den 3D-Effekt zurückzuführen gewesen sein.

Japanische Filme verteidigen ihren Heimatmarkt

Während die heimischen Filme ihren Rekordumsatz aus dem Vorjahr nochmals leicht übertreffen konnten (118 Mrd Yen gegenüber 117), sank dafür jedoch die Zahl der in den Kinos gezeigten japanischen Filme deutlich von 448 auf 408. Was aber immer noch ein fantastischer Wert ist, bedeutet er doch, dass japanische Filmemacher jede Woche durchschnittlich 8 Filme neu in die Kinos brachten.

Doch es gibt auch Wolken am Horizont. Dazu gehört der zwar verlangsamte, aber scheinbar noch nicht enden wollende Anstieg der Anzahl an Kinoleinwänden. Alle Beobachter gehen schon seit längerem davon aus, dass dieser Trend früher oder später zu einem massiven Kinosterben führen muss – vielleicht lösen nun die technisch anspruchsvollen 3D-Filme einen Verdrängungswettbewerb aus, den viele Kinos nicht überleben. Wir werden sehen.

Ein weiterer bedenklicher aber keineswegs neuer Trend ist die Vorherrschaft von Toho. Unter den 29 in Japan produzierten Filmen, die ein Einspielergebnis von mehr als 1 Milliarde Yen erreichten, stammen drei von Shochiku, fünf von Toei, zwei aus der japanischen Warner-Niederlassung und alle anderen von Toho. Unter die Top10 schaffte es gerade mal ein Film (Confessions), der nicht von Toho produziert oder vertrieben wurde.

Dominanz von Toho hält an

Da Toho nach eigenen Angaben 75 Mrd Yen an den Kinokassen umsetzte, hält dieses eine Studio einen Anteil von fast zwei Dritteln am Einspielergebnis japanischer Filme. Wie gesagt, das ist nichts Neues, sondern vielmehr schon so etwas wie eine Konstante im japanischen Filmmarkt. Es bleibt aber die Frage, wie „gesund“ eine solche Dominanz sein kann. Spannend dürfte die Entwicklung in 2011 werden, denn Toho hat kürzlich angekündigt, die Eintrittspreise in seinen Kinos um ca. 20 Prozent senken zu wollen. Angesichts des horrenden Preisniveaus (15 Euro und mehr für eine Kinokarte sind in Japan keine Seltenheit) kann man das super finden, aber auf der anderen Seite könnte das für kleine Kinos und Verleiher den Ruin bedeuten.

Lassen wir uns überraschen!