Archive for the ‘JFFH’ Category

Wer es noch nicht mitbekommen hat: Das JFFH startet in 3 Tagen! Wenn du also noch nicht weißt, welche Filme du dir ansehen sollst dann hab ich jetzt ein paar Tipps, auf der Festival-Webseite gibt es das Programm als Download und der Kartenvorverkauf läuft seit Donnerstag!

Interessant finde ich, wie präsent der Tsunami und die Fukushima-Katastrophe nach drei Jahren immer noch im Festivalprogramm sind. Ich habe bestimmt vier oder fünf Filme gezählt, die mehr oder weniger direkt die Ereignisse aus dem März 2011 aufgreifen. Die größte Katastrophe in der Nachkriegsgeschichte Japans ist also offenbar noch lange nicht vom kulturellen Bewusstsein verarbeitet. Erfreut und zugleich erstaunt war ich über die Anime im Programm, beide sind zwar absolut sehenswert, liefen aber bereits regulär im Kino oder sind als DVD & Bluray erhältlich. Dennoch ist das natürlich eine tolle Chance, sie nochmal auf der großen Leinwand sehen zu können. Sehr gefreut hab ich mich auch, dass mit Ken and Mary mal wieder eine waschechte Komödie als Eröffnungsfilm ausgewählt wurde. Der gehört natürlich auch zu meinen must-see Empfehlungen!

Must see:

Want to see:

Also mal wieder jede Menge vielversprechende Filme! Und ich werde dieses Jahr zum ersten Mal seit 2006 nicht dabei sein können, schnief 🙁

Original: Shojotachi no rashinban (2011) von Shunichi Nagasaki

Vier Schülerinnen einer Theater-AG rasseln mit der leitenden Lehrerin aneinander und entschließen sich, aus der AG auszutreten und ihr eigenes Ding zu machen. Unter dem Namen „Girls‘ Compass“ studieren sie ungewöhnliche Stoffe ein, proben auf der Strasse und auf öffentlichen Plätzen. So  und versammeln sie schnell eine wachsende Schar an Fans um sich, und werden obendrein auch noch enge Freunde.

Doch der Erfolg wird überschattet von üblen Beleidigungen und persönlichen Angriffen auf der Webseite der Gruppe gegen eines der Mädchen. Obendrein gibt es Streit zwischen zwei anderen über das Drehbuch für ein Stück, das die Truppe bei einem wichtigen Kulturwettbewerb aufführen will.

So wie oben beschrieben hat die Story super funktioniert, und mit den durchweg sehr guten darstellerischen Leistungen der Nachwuchs-Stars Riko Narumi, Shiori Kutsuna, Ayaka Morita und Mayuu Kusakari zusammen wäre das eine runde Sache geworden mit allen Optionen für ein Happy-End oder auch einen tragischen Ausgang. Allerdings haben die Macher um die Story der Theater-Gruppe herum noch eine Rahmenhandlung gesponnen, die sich mit dem Tod einer der vier beschäftigt.

Girls‘ Compass beginnt deshalb mit der Anreise einer Schauspielerin zu Dreharbeiten an einem Independent Film, der in einem abgelegenen, zerfallenen Hotel spielt. Wir wissen nicht, wer die Schauspielerin ist, aber schnell wird klar, dass sie etwas mit „Girls‘ Compass“ zu tun hatte und dass es um die Theatergruppe ein dunkles Geheimnis gibt. In immer länger werdenden Rückblenden wird nun die eingangs beschriebene Story erzählt, bis sich am Ende herausstellt, dass der Schauspielerin der Mord an einem der „Girls‘ Compass“-Mitglieder vorgeworfen wird – und dass die Zeit für Rache gekommen ist.

Vielleicht wollten die Macher nicht einfach einen weiteren Film über kreative Schülerinnen machen, die sich zusammenraufen und ihre Band oder was auch sonst immer gegen alle Umstände durchziehen. Fair enough, das ist ein hehres Ziel. Leider passen die beiden zeitlich versetzten Handlungsstränge aber nicht wirklich zusammen, worunter besonders die Atmosphäre leidet. Die ist in jedem der beiden Stränge für sich genommen absolut stimmig, nur zusammen will das ganze einfach nicht richtig zünden.

Dennoch ist Girls‘ Compass ein guter und interessanter Film, aus meiner Sicht war er noch einer der besten beim JFFH2013. Die Charaktere sind gut ausgelotet mit spannenden, glaubhaften Konflikten und Problemen und die Theaterstory bietet einige ungewöhnliche Ideen. Hätten die Macher ein bisschen mehr Mut zur Schere gehabt und dem Film entweder ein anderes Ende verpasst oder gleich zwei eigenständige Filme daraus gemacht, hätte das ein echtes Highlight werden können. Auf die vier jungen Schauspielerinnen werde ich aber zukünftig auf jeden Fall ein Auge haben, könnte mir denken, dass wir von denen noch einiges hören und sehen werden.

Original: Yamikin Ushijima-kun (2012) von Masatoshi Yamaguchi

Der titelgebende Kredithai Ushijima (Takuyaki Yamada) bestimmt das Schicksal aller Charaktere in diesem Film. Da wäre zuerst Jun (Kento Hayashi), der erfolgreich Parties organisiert und davon träumt, Großevents und Konzerte zu veranstalten und bei den Reichen und Schönen ein- und aus zu gehen. Doch zuerst braucht er Geld, um eine große Location für den endgültigen Durchbruch anzumieten. Doch Jun ist clever und tüftelt einen Plan aus, um Ushijima in den Knast zu bringen und das geliehene Geld nicht zurück zahlen zu müssen. Aber ist er wirklich clever genug um es mit Ushijima aufzunehmen?

Der Gegenpol zu Jun ist die Schülerin Mirai (Yuko Oshima), die selbst keine Ambitionen auf ein glamouröses Leben hat, deren Mutter allerdings bei Ushijima verschuldet ist. So gerät auch sie unter Druck, schnell Kohle beizuschaffen und erfährt dabei, wie „einfach“ und schnell ein junges hübsches Mädchen Geld verdienen kann.

Wie so viele andere Filme dieser Tage basiert auch Ushijima the Loan Shark auf einer TV-Serie, die wiederum auf einem Manga basiert. Und – ohne die Serie gesehen oder den Manga gelesen zu haben – behaupte ich jetzt einfach mal, dass man dem Film seine Herkunft ansieht: Leider setzt der nämlich immer mal wieder auf plakative Effekte, völlig unrealistische Plot-Entwicklungen und Actionelemente, welche überhaupt nicht zu der fast an eine Dokumentation erinnernden kapitalismuskritischen Story und Charakterkonstellation passen. Mehr Emanzipation von der Vorlage hätte hier meiner Meinung nach aus einem guten Filmen einen verdammt guten machen können.

Denn Ushijima the Loan Shark ist einer der seltenen Filme, der schonungslos unseren ganz auf Konsum gegründeten Lebensstil, unser Streben nach dem schnellen, leicht verdienten Geld, unsere Geltungssucht und das Anhimmeln von Promis – die es scheinbar geschafft haben – thematisiert und bitterböse kritisiert. Es dürfe wohl kaum jemanden geben, der sich beim Anschauen dieses Films nicht an der einen oder anderen Stelle ertappt und angesprochen fühlt. Und Regisseur Yamaguchi, der zuvor auch die Fernsehserie produziert hatte, ist alles andere als zimperlich: Besonders angetan hat es mir die Eröffnungssequenz, in der Ushijima eine Party sprengt. C-Promis, Neureiche und Aufschneider aller Art vergnügen sich und machen so gut es geht auf dicke Hose, und dann kommt der Kredithai und fordert seine Millionen zurück – mit seinen krassen Methoden (ich sage nur: Stromkabel und Nase) lässt Ushijima der ganzen Sippe richtig schön die Luft raus.

Der zweite Handlungsstrang um Mirai, die gegen die Versuchung des Geldes ankämpft und von allen Seiten bedrängt, angefleht und sogar von ihrer eigenen Mutter regelrecht wie Vieh taxiert wird, geht fast noch mehr ans Eingemachte. Hier liefert Yuko Oshima, die zu den Mitgliedern der Pop-Gruppe AKB48 gehört, in der Rolle der Mirai eine sehenswerte Leistung ab, für die sie auch schon ausgezeichnet wurde.

Alles in allem ein sehenswerter Film mit sehr ernster und aktueller Thematik, bei dem ich mir gewünscht hätte, dass die eine oder andere Nebenhandlung samt Charakteren (was sollte dieser blonde Killer im Pelzmantel?!?) gestrichen worden wäre, um ihn dichter und stimmiger zu machen. Dennoch einer der besten Beiträge auf dem JFFH2013.

Original: Gumo ebian! (2012) von Toru Yamamoto

Die Teenagerin Hatsuki (Ayaka Miyoshi) und ihre Mutter Aki (Kumiko Aso) sind vor Freude ganz aus dem Häuschen, als Akis Freund Yagu (Yo Oizumi), der für Hatsuki eine Art Ersatzvater ist, von einer langen Reise zurückkehrt. Wie ein Wirbelwind bricht der hochgradig unkonventionelle, in den Tag hineinlebende und scheinbar in seiner Teenagerzeit steckengebliebene Hobby-Punkrocker über die heile Welt der beiden herein und sorgt für mächtig Betrieb und Spaß.

Doch es dauert nicht lange, bis die ungewöhnliche Patchwork-Familienidylle erste Risse bekommt. Hatsuki muss sich entscheiden, wie ihre Schullaufbahn weitergehen soll und fühlt sich dabei von ihrer mit Yagu bis spät in die Nacht trinkenden und in alten Zeiten schwelgenden Mutter alleingelassen. Mehr und mehr bekommt sie das Gefühl, dass sie als einzige in der Familie an die Zukunft denkt, und sehnt sich nach einer normalen Familie.

Auf eines ist wirklich Verlass beim JFFH: Es gibt immer eine sympathisch-überdrehte, ungewöhnliche und auch etwas nachdenkliche Familienkomödie im Programm. In diesem Jahr wurde diese Kategorie erfolgreich und sehr ansehnlich von G’mor evian! besetzt, der mich in mancher Hinsicht an Café Isobe von vor ein paar Jahren erinnerte, nicht nur weil dort ebenfalls Kumiko Aso mitspielte. Die soll während der Dreharbeiten übrigens im 5. Monat schwanger gewesen sein, mir ist nichts aufgefallen.

Dieser Typ Film steht und fällt üblicherweise mit den Leistungen der Schauspieler und der Chemie zwischen ihnen. Und da hat mich G’mor evian! wirklich überzeugt. Yo Oizumi ist einfach umwerfend als punkrockender Slapstick-Duracellhase mit dem großen Herz und Aso und Miyoshi geben ein sehr gutes Mutter-Tochter Gespann ab. Dazu kommt noch die exzellente Musikauswahl, so dass der Film richtig Laune und Spaß macht, sich aber nicht allein darauf beschränkt sondern sich auch damit beschäftigt, wie Menschen trotz all ihrer charakterlichen Unterschiede und verschiedenen Vorstellungen vom Leben als Familie gemeinsam glücklich werden können.

Eine Schwachstelle ist jedoch die Nebenhandlung um Hatsukis beste Freundin, in die der Film in den ersten beiden Dritteln ziemlich viel investiert, die dann aber urplötzlich sang- und klanglos verschwindet und sich somit als reiner Plot-Device herausstellt. Schade, ändert aber nichts daran, dass G’mor evian! einer der rar gesäten guten Filme auf dem JFFH2013 war. Der merkwürdige Titel des Films ist übrigens eine japanisch verballhornte Version von Good morning everyone, die Yagu als Lebensmotto aus Australien mitbrachte.

Im letzten Jahr hab ich mich ja ziemlich ausgelassen über den einen oder anderen, mir nicht genehmen Trend beim Japanischen Filmfest Hamburg: Technische Probleme, sogar eine ausgefallene Vorstellung, wenig spannendes Rahmenprogramm und andere Dinge waren mir etwas auf den Senkel gegangen. Dieses Jahr gab es überhaupt keinen Grund, sich über etwas derartiges zu beschweren! Bei den Filmen lief alles glatt, sie wurden durchweg in sehr guter Qualität gezeigt, Pannen gab es keine, alles lief wie geschmiert. Dazu kamen wieder eine Vielzahl Gäste, darunter auch die Kengekikai Kampfkunst-Truppe, die extra aus Kyoto eingeflogen war und rund um das Festival und den Japantag in Hamburg Shows und Workshops anbot. Wer also nicht nur Filme sehen sondern auch darüber hinaus was erleben wollte, dem bot sich reichlich Gelegenheit.

Lustigerweise passt so gar nicht zu diesem eigentlich sehr gelungenen Eindruck, dass wohl in der Organisation einiges drunter und drüber ging. Ich bin zwar nicht mehr im Team selbst aktiv, habe aber noch einen guten Draht zu einigen Team-Mitgliedern und bekomme so einiges mit. So hatte das Team sowohl mit dem Wegbrechen einiger erfahrener Helfer als auch von Fördermitteln der Stadt zu kämpfen. Das äußerte sich dann unter anderem darin, dass das Programmheft erst am Tag vor der Eröffnung verfügbar war, dass kaum Plakate gedruckt werden konnten und dass natürlich die verbliebenen Helfer noch mehr Stress hatten. Dass trotzdem das Filmfest weitgehend glatt lief, ist vor diesem Hintergrund eine noch größere Leistung!

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Kurze Durchsage: Wenn du aus dem Raum Hamburg bist und schon immer mal hinter die Kulissen eines Filmfests schauen wolltest, melde dich direkt bei mir oder in den Kommentaren! Ich stelle sehr gerne den Kontakt her.
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So, kommen wir damit zu den Filmen, denn um die geht es ja letztlich bei der ganzen Chose. Die Filme haben mir in diesem Jahr wirklich einige Sorgenfalten auf die Stirn getrieben. Einen echten „wow!“-Film gab es schon letztes Jahr nicht, und von den Filmen die ich gesehen habe verdienten nur zwei oder drei das Prädikat „gut“ (die werde ich noch gebührend vorstellen, eine Bestenliste macht da aber keinen Sinn). Der Rest war mehr oder weniger belangloses Mittelmaß und einer so richtig schlecht. OK, ich habe Himizu verpasst und Kuro, der wohl eines der Highlights sein sollte, musste leider kurzfristig noch aus dem Programm genommen werden. Trotzdem muss ich leider konstatieren, dass ich zum ersten Mal in 7 Jahren enttäuscht bin.

Die Enttäuschung wird nicht gerade kleiner wenn ich auf das Programm der NipponConnection schiele, die in zwei Wochen startet und eine ganze Latte von Hochkarätern zu bieten hat, die ich alle verpassen werde weil ich dieses Jahr leider nicht nach Frankfurt fahre. Mein Bauchgefühl vom letzten Jahr, dass sich das JFFH beim Versuch, zahlenmäßig mit der NipponConnection und ihren weit über 100 Filmen mitzuhalten, überhebt und Quantität mehr und mehr die Qualität verdrängt, hat sich leider verstärkt. Und das ist kein gutes Gefühl, denn ich hänge nach wie vor sehr am JFFH, habe tolle Erinnerungen sowohl an grandiose filmische Momente als auch an den ganzen Spaß im Team. Enttäuscht nach Hause zu gehen nach einem Festivaltag tut mir weh und ich hoffe und drücke die Daumen, dass es im nächsten Jahr wieder richtig geniale Filme gibt!

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, damit beginnt für die Macher beim JFFH so langsam die heiße Phase. Und das spürt man derzeit auch auf der Facebook-Fanpage des Festivals. In schöner Regelmäßigkeit werden dort derzeit tolle Bilder rund ums Festival und die gezeigten Filme in die Fotogalerie gepostet.

Zu meinen Favoriten gehört einmal dieses knallige Poster für das JFFH2007, das kurzfristig eingestampft werden musste, weil der motivgebende Film wegen ungeklärter Musikrechte abgesagt wurde. Und der folgende fantastische Still mit dem ur-coolen Susumu Terajima aus Brother, einem Klassiker von Takeshi Kitano.

Aber nicht nur solche nostalgisch angehauchten Fotos sind zu sehen, es gibt immer wieder auch Einblicke hinter die Kulissen des Filmfests und – da wird es dann richtig spannend! – Poster von den fürs nächste Jahr geplanten Filmen! Sneakpeek sag ich nur! Also Fan werden und die große Portion Vorfreude auf den nächsten Mai mitnehmen 🙂

Zwar liegt das Japanische Filmfest schon fast 2 Monate zurück, aber ich hab mir über das diesjährige Festival einige Gedanken gemacht und die möchte ich als guter Blogger natürlich auch in die Welt hinausposaunen! Wozu macht man sich sonst denn auch Gedanken?! 😉

Für mich war dieses JFFH das erste seit 5 Jahren, bei dem ich wirklich nur Zuschauer war. Natürlich gab es viele Wiedersehen mit Team-Mitgliedern und die alten Zeiten wurden ausgiebig beschnackt. Trotzdem hat es sich ganz anders angefühlt als in den Jahren zuvor, auch im Vergleich zu 2011, als ich mich zwar schon aus dem Team verabschiedet, aber dann während des Festivals immer wieder mitgeholfen und angepackt hatte. Die Distanz war dieses Jahr deutlich größer, bedingt auch durch die schnellen personellen Wechsel im Team der Ehrenamtlichen. Vielleicht ist diese gewachsene Distanz auch ein Stück weit dafür verantwortlich, dass ich das JFFH dieses Jahr kritischer sehe. Aber nicht ewig rumlabern und um den heißen Brei reden, Butter bei die Fische!

Gleich vorneweg: Was in meinen Augen dieses Jahr überhaupt nicht funktionierte war das Rahmenprogramm. Ich war zweimal im Projektor, beim ersten Mal war überhaupt niemand da, beim zweiten Anlauf dann wenigstens ein paar Team-Mitglieder. Vielleicht lag es am Konkurrenzprogramm (parallel liefen Champions League und European Song Contest), ich weiß es nicht. Zudem fand ich es sehr unglücklich, dass das Filmfrühstück nicht mehr im 3001 Kino sondern am einige hundert Meter entfernten Projektor stattfand. Für das Team mag das klare Vorteile haben (die Küchenausstattung im Projektor ist einfach viel besser und man muss sich nicht mit den Kinobetreibern arrangieren), aber aus meiner Sicht des Zuschauers ist das ein klarer Nachteil. Aber das sind eher Randnotizen, nun kommen wir zum Eingemachten 😉

Denn zum ersten Mal habe ich wirklich große technische Probleme miterlebt. Ich denke, dass ich seit 2006 rund 100 Filmvorführungen beim JFFH als Zuschauer besucht oder als Vertreter des Teams begleitet habe. Dabei kam es noch nie vor, dass eine Vorstellung wegen technischer Probleme ausfallen musste. Und jetzt erwischte es ausgerechnet eines der absoluten Highlights des Festivals, die gut besuchte Freitagabend-Vorführung von Shion Sonos Guilty of Romance. Ein Desaster für einen Festivalveranstalter! Wobei das JFFH hier keine oder nur eine geringe Schuld trifft, denn wie sich später herausstellte war das Filmmaterial absolut in Ordnung und es schien sich um einen Bedienungsfehler der Filmvorführerin im Metropolis gehandelt zu haben. Dieser Fehler war aber kein Einzelfall, auch weitere prestigeträchtige Filme wie Miikes Harakiri und Shinkais Children who chase lost voices from deep below, die beide als Bluray vorlagen, wurden in sehr schlechter Bildqualität vorgeführt, die bestenfalls auf DVD-Niveau war. Inwieweit diese das Filmerlebnis arg schmälernden Probleme durch das Festivalteam hätten vermieden werden können, etwa durch eine intensivere Vorab-Prüfung des Materials oder Briefing der Kinobetreiber, ist Spekulation. Aber bei einem bin ich mir sicher: In früheren Jahren hätte es für solche Highlights mehr als eine Vorstellung gegeben und damit die Chance, den Fehler auszubügeln und den Fans im zweiten Durchgang die Filme in all ihrer Pracht zu zeigen.

Damit sind wir direkt bei einem weiteren Punkt, den ich zunehmend kritisch sehe: Die Anzahl der gezeigten Filme ist in den letzten beiden Jahren dramatisch gestiegen. Das bedeutet, dass zum einen im Programm kein Platz für mehrfache Vorführungen mehr ist und die Zuschauer bei Terminkonflikten keine Ausweichmöglichkeit mehr haben – was tendenziell auf Kosten kleiner, wenig bekannter Filme gehen dürfte. Zum anderen sind dadurch die Filmvorführungen auch sehr gedrängt. Noch letztes Jahr gab es pro Tag und Kino maximal 5 Vorführungen, so dass immer genug Zeit blieb um zwischendurch mal was essen zu gehen oder von einem Kino ins andere zu fahren. Das war dieses Jahr kaum mehr möglich, am Samstag fanden im Metropolis sechs Vorstellungen statt, am Sonntag im 3001 ebenfalls sechs und im Metropolis sogar sieben! Für den „normalen“ Zuschauer, der sich sowieso nur einen oder zwei Filme anguckt ist das natürlich kein Problem, aber wer sich als Fan möglichst wenig entgehen lassen möchte, kann diese Marathon-Tage kaum noch richtig genießen. Ich habe dann auch am Sonntag die Spätvorstellung von Hideo Nakatas Incite Mill ausfallen lassen, weil ich nach fast 10 Stunden im Kino einfach fertig war.

Womit wir nach dem ganzen Gemotze langsam mal zu den Filmen kommen. Einen absolut alles überragenden, einzigartigen Film gab es dieses Jahr nicht, aber das muss ja auch nicht immer sein. Wegen des dichtgedrängten Programms konnte ich dieses Jahr leider nur wenige Nachwuchsfilme und überhaupt keine Kurzfilme sehen, dennoch dominieren kleine Indie-Perlen in meiner Hitliste:

1. Sukiyaki
2. About the Pink Sky
3. Shing Shing Shing
4. Children who chase lost voices from deep below

Ziemlich enttäuscht war ich dagegen von den größeren Produktionen und allen voran vom Eröffnungsfilm Black Dawn. Wie ich aus dem Filmteam gehört habe, gab es intern wohl ziemlich heftige Diskussionen darüber, welcher Film am Premierenabend gezeigt werden sollte, und Black Dawn scheint wohl eine Art fauler Kompromiss gewesen zu sein. Eine große filmische Enttäuschung war für mich auch Takashi Miikes Remake des fast 60 Jahre alten Meisterwerks Harakiri. Aber dazu komme ich ein andermal, sonst nimmt das hier heute gar kein Ende mehr!

Auch wenn ich mich oben ziemlich ausgelassen habe, alles in allem hat mir das Filmfest natürlich wieder Spaß gemacht, ich habe tolle Filme gesehen und mich sehr gut unterhalten. Aber irgendwie gab es immer wieder diese kleinen, unschönen Makel, die einem magischen Ereignis im Weg standen. Aber im nächsten Jahr wird das bestimmt wieder besser! 🙂

Sukiyaki

Original: Gokudo meshi (2011) von Akira Maeda

Als Neuankömmling in seiner Gefängniszelle ist Kenta (Tasuku Nagaoka) für die anderen fünf Insassen ein Rätsel: Er sondert sich ab, schweigt die ganze Zeit vor sich hin, und er weigert sich sogar, an ihrem traditionellen Erzählwettbewerb zum Jahresende teilzunehmen! Der Gewinner des Wettbewerbs darf sich bei den anderen Zelleninsassen etwas von dessen Neujahrs-Essen aussuchen, und das ist im Gefängnis nunmal das einzige richtig gute Essen im ganzen Jahr. Die Regeln des Wettbewerbs sind einfach: Reihum erzählt jeder Insasse Geschichten aus seinem Leben, in denen er unvergesslich gut gegessen hat. Es gewinnt derjenige, der den anderen das meiste Wasser im Mund zusammen laufen lässt.

Während die fünf sich den Gefängnisalltag mit ihren kulinarischen Erinnerungen verschönern, sind diese Geschichten für Kenta eine Qual. Denn gutes Essen erinnert ihn vor allem an seine Mutter, die ihn als kleines Kind verließ, und an seine große Liebe Shiori (Fumino Kimura), eine Ramen-Köchin. Als er jedoch überraschend einen Brief von Shiori erhält, kommt Bewegung in die kleine Zelle.

Wie so viele Filme, die derzeit aus Japan den Weg zu uns finden, ist auch Sukiyaki die Verfilmung eines erfolgreichen Manga. Allerdings haben Regisseur Maeda und sein Team einen rundum  gelungenen und überzeugenden Film daraus gemacht, dessen erste Hälfte von den gleichermaßen appetitanregenden wie witzigen Erinnerungen an die Gourmet-Erlebnisse der Häftlinge dominiert ist, bevor sich der Schwerpunkt auf Kentas weniger erfreuliche Lebensgeschichte verlagert. Auch wenn der Film – wie nicht anders zu erwarten – mit vielen Flashbacks arbeitet, sind diese Episoden immer nahtlos eingebettet und funktionieren exzellent.

Getragen wird dieser low-budget Film ganz klar von den Darstellern, die ihre Häftlingscharaktere wunderbar menschlich-authentisch spielen, wobei Kenta als düster-mysteriöser Gegenpol zu den vor allem komödiantisch ausgerichteten Häftlingen fungiert. Jeder Charakter erzählt seine eigene kleine Geschichte, voller großer und kleiner witzig-sympathischer Macken und mit ganz viel Liebe zum Detail. Diese zeigt sich sowohl in den Gefängnisszenen als auch natürlich bei den Erinnerungen an die Leckereien der japanischen Küche und die damit verbundenen biographischen Ausschnitte aus den bewegten Leben der Knastbrüder.

Sukiyaki ist sowohl bezüglich der Charakterkonstellation als auch des Handlungsverlaufs darauf ausgelegt, uns Zuschauern eine emotionale Breitseite zu verpassen. Selten habe ich einen Film gesehen, in dem Humor, Liebe, Verzweiflung und Traurigkeit eine so ausgewogene, stimmige und unterhaltsame Mischung eingehen. Zusammen mit den Erinnerungen an Reis-Omelett, Sukiyaki, BBQs am Strand oder Oppai-Pudding bietet diese höchst unterhaltsame Mischung das Potenzial, zu einem ähnlichen Kultfilm wie Tampopo zu werden, auch wenn er letztlich nicht an dessen filmische Qualität heranreicht.