Zwar liegt das Japanische Filmfest schon fast 2 Monate zurück, aber ich hab mir über das diesjährige Festival einige Gedanken gemacht und die möchte ich als guter Blogger natürlich auch in die Welt hinausposaunen! Wozu macht man sich sonst denn auch Gedanken?! 😉

Für mich war dieses JFFH das erste seit 5 Jahren, bei dem ich wirklich nur Zuschauer war. Natürlich gab es viele Wiedersehen mit Team-Mitgliedern und die alten Zeiten wurden ausgiebig beschnackt. Trotzdem hat es sich ganz anders angefühlt als in den Jahren zuvor, auch im Vergleich zu 2011, als ich mich zwar schon aus dem Team verabschiedet, aber dann während des Festivals immer wieder mitgeholfen und angepackt hatte. Die Distanz war dieses Jahr deutlich größer, bedingt auch durch die schnellen personellen Wechsel im Team der Ehrenamtlichen. Vielleicht ist diese gewachsene Distanz auch ein Stück weit dafür verantwortlich, dass ich das JFFH dieses Jahr kritischer sehe. Aber nicht ewig rumlabern und um den heißen Brei reden, Butter bei die Fische!

Gleich vorneweg: Was in meinen Augen dieses Jahr überhaupt nicht funktionierte war das Rahmenprogramm. Ich war zweimal im Projektor, beim ersten Mal war überhaupt niemand da, beim zweiten Anlauf dann wenigstens ein paar Team-Mitglieder. Vielleicht lag es am Konkurrenzprogramm (parallel liefen Champions League und European Song Contest), ich weiß es nicht. Zudem fand ich es sehr unglücklich, dass das Filmfrühstück nicht mehr im 3001 Kino sondern am einige hundert Meter entfernten Projektor stattfand. Für das Team mag das klare Vorteile haben (die Küchenausstattung im Projektor ist einfach viel besser und man muss sich nicht mit den Kinobetreibern arrangieren), aber aus meiner Sicht des Zuschauers ist das ein klarer Nachteil. Aber das sind eher Randnotizen, nun kommen wir zum Eingemachten 😉

Denn zum ersten Mal habe ich wirklich große technische Probleme miterlebt. Ich denke, dass ich seit 2006 rund 100 Filmvorführungen beim JFFH als Zuschauer besucht oder als Vertreter des Teams begleitet habe. Dabei kam es noch nie vor, dass eine Vorstellung wegen technischer Probleme ausfallen musste. Und jetzt erwischte es ausgerechnet eines der absoluten Highlights des Festivals, die gut besuchte Freitagabend-Vorführung von Shion Sonos Guilty of Romance. Ein Desaster für einen Festivalveranstalter! Wobei das JFFH hier keine oder nur eine geringe Schuld trifft, denn wie sich später herausstellte war das Filmmaterial absolut in Ordnung und es schien sich um einen Bedienungsfehler der Filmvorführerin im Metropolis gehandelt zu haben. Dieser Fehler war aber kein Einzelfall, auch weitere prestigeträchtige Filme wie Miikes Harakiri und Shinkais Children who chase lost voices from deep below, die beide als Bluray vorlagen, wurden in sehr schlechter Bildqualität vorgeführt, die bestenfalls auf DVD-Niveau war. Inwieweit diese das Filmerlebnis arg schmälernden Probleme durch das Festivalteam hätten vermieden werden können, etwa durch eine intensivere Vorab-Prüfung des Materials oder Briefing der Kinobetreiber, ist Spekulation. Aber bei einem bin ich mir sicher: In früheren Jahren hätte es für solche Highlights mehr als eine Vorstellung gegeben und damit die Chance, den Fehler auszubügeln und den Fans im zweiten Durchgang die Filme in all ihrer Pracht zu zeigen.

Damit sind wir direkt bei einem weiteren Punkt, den ich zunehmend kritisch sehe: Die Anzahl der gezeigten Filme ist in den letzten beiden Jahren dramatisch gestiegen. Das bedeutet, dass zum einen im Programm kein Platz für mehrfache Vorführungen mehr ist und die Zuschauer bei Terminkonflikten keine Ausweichmöglichkeit mehr haben – was tendenziell auf Kosten kleiner, wenig bekannter Filme gehen dürfte. Zum anderen sind dadurch die Filmvorführungen auch sehr gedrängt. Noch letztes Jahr gab es pro Tag und Kino maximal 5 Vorführungen, so dass immer genug Zeit blieb um zwischendurch mal was essen zu gehen oder von einem Kino ins andere zu fahren. Das war dieses Jahr kaum mehr möglich, am Samstag fanden im Metropolis sechs Vorstellungen statt, am Sonntag im 3001 ebenfalls sechs und im Metropolis sogar sieben! Für den „normalen“ Zuschauer, der sich sowieso nur einen oder zwei Filme anguckt ist das natürlich kein Problem, aber wer sich als Fan möglichst wenig entgehen lassen möchte, kann diese Marathon-Tage kaum noch richtig genießen. Ich habe dann auch am Sonntag die Spätvorstellung von Hideo Nakatas Incite Mill ausfallen lassen, weil ich nach fast 10 Stunden im Kino einfach fertig war.

Womit wir nach dem ganzen Gemotze langsam mal zu den Filmen kommen. Einen absolut alles überragenden, einzigartigen Film gab es dieses Jahr nicht, aber das muss ja auch nicht immer sein. Wegen des dichtgedrängten Programms konnte ich dieses Jahr leider nur wenige Nachwuchsfilme und überhaupt keine Kurzfilme sehen, dennoch dominieren kleine Indie-Perlen in meiner Hitliste:

1. Sukiyaki
2. About the Pink Sky
3. Shing Shing Shing
4. Children who chase lost voices from deep below

Ziemlich enttäuscht war ich dagegen von den größeren Produktionen und allen voran vom Eröffnungsfilm Black Dawn. Wie ich aus dem Filmteam gehört habe, gab es intern wohl ziemlich heftige Diskussionen darüber, welcher Film am Premierenabend gezeigt werden sollte, und Black Dawn scheint wohl eine Art fauler Kompromiss gewesen zu sein. Eine große filmische Enttäuschung war für mich auch Takashi Miikes Remake des fast 60 Jahre alten Meisterwerks Harakiri. Aber dazu komme ich ein andermal, sonst nimmt das hier heute gar kein Ende mehr!

Auch wenn ich mich oben ziemlich ausgelassen habe, alles in allem hat mir das Filmfest natürlich wieder Spaß gemacht, ich habe tolle Filme gesehen und mich sehr gut unterhalten. Aber irgendwie gab es immer wieder diese kleinen, unschönen Makel, die einem magischen Ereignis im Weg standen. Aber im nächsten Jahr wird das bestimmt wieder besser! 🙂