29 Sep
Original: Swing Girls (2004), von Shinobu Yaguchi
Mitten in den Sommerferien sitzen Tomoko (Juri Ueno) und ihre Freundinnen im Mathe-Nachholkurs und langweilen sich zu Tode. Als jemand der bei einem Baseballspiel auftretenden Schulband das Mittagessen bringen muss, springen sie natürlich nur zu gern ein, nur um von einem Unglück ins nächste zu stolpern: Die Lieferung kommt viel zu spät und weil die Mädchen das Essen nicht gekühlt haben, holt sich die Schulband eine astreine Lebensmittelvergiftung. So werden die Mädchen dazu verdonnert, unter der Leitung des etwas schüchternen Takuo (Yuta Hiraoka) eine Ersatzband auf die Beine zu stellen.
Das bedeutet natürlich zuerst viel viel Üben und hartes Training, bei dem die Mädchen ständig herumalbern. Doch der Funke springt schließlich über, und so ist die Enttäuschung bei Tomoko und Takuo groß, als die Schulband wieder gesund ist und ihr Einsatz nicht mehr gebraucht wird. Nun wollen sie auf eigene Faust eine Band aufstellen, organisieren dazu eigene Instrumente und erste Auftritte im Supermarkt und finden schließlich in ihrem Mathelehrer sogar einen begeisterten Jazzliebhaber, der sie für den großen Auftritt bei einem Schulbandwettbewerb fit machen soll.
Auf den ersten Blick wirkt Swing Girls wie die übliche High-School Komödie voller sympathischer, merkwürdig-überdrehter Charaktere, die sich ungeschickt anstellen, dann aber über sich hinaus wachsen. Und im großen und ganzen ist der Film auch genau das, aber auf eine sehr wohltuende, schlichte Art. Die Konzentration des Films gilt nämlich ganz der vom Jazz und dem Musizieren ausgehenden Faszination.
Neben Takuo, der das Ganze gewissermaßen ins Rollen bringt, stehen dabei besonders Tomoko und der Mathelehrer im Mittelpunkt. Tomoko, für die das Musizieren zuerst nur eine willkomme Ablenkung vom Nachhilfeunterricht ist, wird nach anfänglichen Schwierigkeiten schließlich ganz von der Begeisterung erfasst und verscherbelt sogar heimlich den Mac ihrer Schwester, um sich ein uraltes Saxophon kaufen zu können. Der Mathelehrer, der Jazz nur von CDs kennt, nimmt sogar heimlich Musikunterricht, als er bemerkt, wie ernst es den Mädchen ist.
So vermeidet Swing Girls jegliche erzwungene, billige Schenkelklopfer oder unglaubwürdige Gefühlsduselei. Ganz im Gegenteil spielt der Film in manchen Szenen sogar mit üblichen Klischees und Erwartungen der Zuschauer, und erzeugt damit einen wunderbar hintersinnigen Humor. Ein sehr schönes Beispiel wäre die Schneeballschlacht, in deren Verlauf Tomoko ausrutscht, so dass Takuo in beste Wurfposition kommt; als er ihr in die Augen schaut reicht er ihr dann aber die Hand. Anstatt nun die eigentlich fällige Romanze zwischen den beiden Hauptcharakteren in dem idealen Setting der Schneeballschlacht einzuleiten, lässt Regisseur Yaguchi Tomoko aufspringen und gegen den Baum treten, unter dem Takuo steht, so dass dieser von einem Schneeschauer überrascht wird.
Zu den weiteren Highlights gehören eine herrliche Veräppelung des Bullet-Time-Effekts anlässlich einer Begegnung der pilzsammelnden Mädchen mit einem Wildschwein oder die beiden E-Gitarre und Bass spielenden Rockerinnen, deren eigene Band sich aufgelöst hatte und die daraufhin der Swingband beitreten. Da Swing Girls anders als der von einer ähnlichen Grundkonstellation ausgehende Hula Girl von jedem unnötigen Ballast befreit bleibt, ist der Film in sich stimmig, atmosphärisch dicht und lässt den Zuschauer ganz in der Musik aufgehen. Nicht zuletzt macht er einfach riesigen Spaß, und zwar offensichtlich auch den Schauspielern, die übrigens alle Instrumente selbst spielten!
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