4 Nov
Original: Gokudo kuroshakai (1997) von Takashi Miike
Von seinem Clan verstoßen, schlägt sich der vereinsamte Yakuza Yujiro (Sho Aikawa) im entfernten Taiwan mit vereinzelten Auftragsmorden durch. Wenn es regnet (und es regnet ständig), verlässt er aus Aberglaube nicht einmal das Haus. Eine Kette von Ereignissen reisst ihn dann jedoch aus seiner selbsterwählten Apathie und Isolation: Zuerst taucht eine frühere Geliebte auf, die ihm ihren taubstummen Sohn aufdrängt. Zwar ignoriert er den Jungen so gut er kann, doch nimmt er ihn schließlich aufs Land mit, wo er einen weiteren Auftragsmord begehen soll.
Dort verbringt Yujiro einige verregnete Tage mit der Hure Lily (Lianmei Chen), bevor er seinen Job erledigt – um sich anschließend zwischen allen Stühlen wiederzufinden, denn sein Auftraggeber verkauft ihn an den rachedürstigen Clan seines Opfers. Zudem ist ihm noch ein mysteriöser Japaner (Tomorowo Taguchi) auf den Fersen. Unversehens entsteht zwischen Yujiro, dem kleinen Jungen und Lily auf der Flucht und im Kampf gegen die Yakuza eine enge, fast familiäre Zuneigung.
Der zweite Teil aus Miikes nur sehr lose durch gemeinsame Themen und Motive verbundenen Triad Society-Trilogie ist in vieler Hinsicht untypisch für das Enfant terrible des japanischen Films. Tatsächlich wirkt Rainy Dog mit seinen inhaltlichen und formalen Parallelen zu Filmen wie Sonatine oder Kikujiros Sommer eher wie ein Werk Takeshi Kitanos.
Die Kamera hält uns meist auf Distanz zu den Akteuren und abgesehen von der einen oder anderen wackligen Verfolgungsszene nimmt sie eine geradezu stoisch-unbewegliche Haltung an. Die Entwicklung der Beziehungen zwischen den Akteuren wird fast ganz auf die non-verbale Ebene verlagert, allein Lily gibt ab und zu einen Einblick in ihr Seelen- und Gefühlsleben. Yujiro ist völlig verschlossen und der Junge nunmal taubstumm. Gespräche dienen vor allem dem Zweck, die Handlung voranzutreiben. Die augenfälligste Parallele zu den Filmen Kitanos ist aber die zentrale Rolle, die einige Strandszenen für die Entwicklung der Beziehungen der drei zueinander übernehmen.
Ungewöhnlich für Miike ist auch die Art und Weise, in der Gewalt eingesetzt wird. In seinen bekannten Filmen ist die Gewalt zumeist grotesk übersteigert, wird entweder der Schockeffekte willen oder als stilisierend-ästethisches Element eingesetzt, an der Grenze zur Glorifizierung. Hier aber ist die Gewalt dreckig, alles andere als heroisch oder ästhetisch und sehr realistisch.
Insgesamt ist der ganze Film sehr stimmungsvoll und humanistisch. Miike nimmt sich viel Zeit für seine mit den Härten des Lebens kämpfenden Figuren und geht sparsam mit den durchgeknallt-schrägen Ideen um, mit denen er sonst so gern um sich wirft. Dennoch ist der Film alles andere als vorhersehbar oder mainstreamig, dafür sorgt allein schon die rätselhafte Figur des unbekannten, von Tomorowo Taguchi gespielten Japaners, der mehrfach aus dem Nichts heraus auftaucht und dessen Motivation, Herkunft und Beziehung zu Yujiro bis zuletzt ein ungeklärtes Rätsel bleibt.
Mich hat Rainy Dog ziemlich beeindruckt, vor allem, weil er ein weiterer Beweis für die schier unglaubliche Vielseitigkeit Takashi Miikes ist. Verglichen mit vielen seiner anderen Filmen ist dieser eher konventionell, aber selbst ein konventioneller Miike ist noch ein außergewöhnlicher Film!
Diese Rezension ist Teil des Japanese Film Blogathon 2010
1 Kommentar for "Rainy Dog"
Ein Film aus der zweiten Reihe. Ich mochte die Figurenzeichnung und überhaupt die gesamte Atmosphäre des Films. Ein guter, wenn auch nicht überragender Miike. Und eine gelungene Rezension dazu.
Hast du vergessen den Link zu deinem Text
(http://wildgrounds.com/index.php/japanese-film-blogathon-2010/#comment-69990)
einzusenden? Du tauchst nämlich in der täglichen Auflistung nicht auf.
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