13 Jun
Das Japanische Filmfest Hamburg hatte auch 2011 wieder jede Menge Highlights zu bieten, sowohl filmischer wie kultureller Natur. Zur letzteren Kategorie gehörten das Filmfrühstück und die Tegami-Ausstellung, über die ich bereits an anderer Stelle geschrieben habe. Als ein besonders gelungenes Beispiel der Erweiterung des Filmerlebnisses zum Event – wodurch sich ein Filmfestival ja originär auszeichnen sollte – muss ich außerdem noch die Vorführung von Amachoro hervorheben.
Sweet silly Lovesong – Amachoro, so der volle Titel, war nicht nur ein guter Film, der sämtliche Klippen des Band-Genres umschiffte indem er sich aus einer ganz anderen Richtung näherte. Nach dem Film folgte dann zunächst eine Gesprächsrunde mit Regisseur Miyata und Hauptdarstellerin Naomi Oroji, einer Musikerin die selbst die Songs zum Film beigesteuert hatte. Abschließend griff Oroji dann im ausverkauften 3001-Saal noch selbst zur Gitarre und gab eine kleine Live-Performance, unter anderem mit dem titelgebenden „sweet silly lovesong“. Eine wirklich schöne, rundum gelungene Veranstaltung! Genau solche Angebote machen ein Festival aus und verleihen ihm diesen besonderen, einzigartigen Charakter, den auch die beste Heimkino-Anlage niemals ersetzen kann.
Nun zu den Filmen. Aus dem umfangreichsten Festivalprogramm, das es beim JFFH je gab, habe ich mir 12 Filme angeschaut und nach den ersten drei Tagen hatte ich ein ähnliches Gefühl wie nach der NipponConnection, als es mir sehr schwer fiel, eine Hitliste zusammenzustellen. Das hat sich dann mit den Filmen vom Wochenende geändert, besonders die beiden letzten vom Sonntag haben mich schwer beeindruckt und finden sich an der Spitze meines Rankings:
1. Heaven’s Story
2. 13 Assassins
3. Wandering Home
4. Lost Paradise in Tokyo
Arrietty wäre normalerweise wohl auf Platz 2, aber der lief gewissermaßen außer Konkurrenz, weil ich ihn ja schon von der NC kannte. Und Groschi, falls du das hier lesen solltest: Ich hab auf Grund deines Verrisses von Heaven’s Story überlegt, ihn auszulassen, und nach etwa 90 Minuten war ich sogar kurz davon, das Kino zu verlassen. Aber als dann der Abspann lief, war ich von der emotionalen Intensität fix und fertig und hatte Tränen in den Augen! Irgendwann kommt da auf jeden Fall noch eine Filmbesprechung.
Aus persönlicher Sicht war es für mich ein sehr schönes und ziemlich entspanntes Filmfest, bei dem ich nach meinem Abschied aus dem Organisationsteam endlich wieder ganz die Filme ins Zentrum stellen konnte. Genauso hat es aber auch Spaß gemacht, am Sonntag beim Filmfrühstück mit zuzupacken, ich würde also nicht ausschließen, dass ich rückfällig werde 😉
3 Kommentare for "Rückblick JFFH2011"
Schön zu hören, dass du ’ne gute Zeit hattest und die Filme gepasst haben. Wandering Home habe ich auf der NC dummerweise ausgelassen, obwohl Filme mit Tadanobu Asano eigentlich immer verlockend auf mich wirken. Mich hatte halt die ernste Thematik im Vorfeld etwas abgeschreckt… 13 Assassins ist natürlich noch ein totales must-see, aber damit warte ich noch, bis ich irgendwoher den japanischen Cut (welche Fassung lief eigentlich in Hamburg?) in die Finger bekomme, auch wenn die (kürzere) Intenationale Schnittfassung ganz gelungen sein soll.
Was Heaven’s Story angeht: Durchaus möglich, dass ich den Film mit meinen harten Worten etwas voreilig heruntergemacht habe. Das Ding ist, dass der Streifen bereits in der ersten Hälfte meine Aufmerksamkeit verspielt hatte und ich dann einfach nur froh war, als die vierstündige Vorstellung im immer zu warmen und unbelüfteten Nipon-Visions-Saal endlich zu Ende war. Dazu war ich noch total übermüdet, und um schlussendlich über den Film urteilen zu können, muss ich ihn mir noch mal unter „normaleren“ Umständen geben. Ich glaube zwar nicht, dass ich dadurch zu einem glühenden Verehrer des Streifens werde (dafür hat er m.e. zu viele offensichtliche Schwächen), aber vielleicht werde ich ihn doch in einem etwas besseren Licht sehen. Deshalb werde ich mich bis dahin auch nicht mehr weiter dazu äußern 😉
Wir hatten die internationale Version, die ja 15 Minuten kürzer ist. Hast du irgendwas gelesen, was dem Schnitt zum Opfer gefallen ist? Ich würde mal vermuten, dass es vor allem blutige Schlachtszenen gewesen sein dürften. Falls das der Fall ist, bin ich froh, die internationale Fassung gesehen zu haben. Die Schlacht dauert auch so fast 45 Minuten und ist imho gerade durch das Fehlen übertriebener Splatter-Momente so realistisch und mitreißend. Aber den Rest spar ich mir für die Review auf, die folgt in den nächsten Tagen 🙂
Zu Heaven’s Story: Die Geduld wird tatsächlich im ersten Drittel au die Probe gestellt, weil die verschiedenen Handlungsstränge der unterschiedlichen Charaktere und die Zeitebenen erst etabliert werden müssen. Wenn du da ohnehin müde bist und in einem stickigen Kinosaal sitzt, ist das wirklich kein Spaß. Da hatte ich es in den gemütlichen Sitzen des durch Hamburg Schietwetter gekühlten Metropolis deutlich einfacher 😉 Aber nach der Pause, als dieses ganze gewaltige Gewebe sich immer enger zusammenzieht und sich ein Puzzlestück nach dem nächsten ineinander fügt, das ist sehr beeindruckend! Ich hoffe, du findest irgendwann unter angenehmeren Umständen nochmal die Gelegenheit und gibst ihm ne Chance!
So weit ich weiß handelt es sich bei der internationalen Fassung nicht um Gewaltschnitte, wie sie hierzulande üblicherweise aus Jugendschutzgründen vorgenommen werden, sondern die Handlung wurde gestrafft. Das ist ja immer so eine zwiespältige Angelegenheit, denn sowas kann einerseits Längen vermeiden und Filmen ein ganz neues Tempo geben, oft tun sich dabei aber halt auch Logiklöcher auf oder die Handlung erscheint einfach weniger rund. Generell bevorzuge ich immer die Fassung, die vom Regisseur so gewollt war, und das ist vermutlich halt diejenige, die in Japan so veröffentlicht wurde.
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