Originaltitel: Subarashiki nichiyobi (1947), von Akira Kurosawa

Yuzo (Isao Numasaki) und Masako (Chieko Nakakita), ein junges Liebespaar, treffen sich an einem Sonntagmorgen, um ihre Alltagssorgen für ein paar Stunden hinter sich zu lassen und mit dem bisschen Geld, das ihnen zur Verfügung steht, einen schönen gemeinsamen Tag zu verbringen. Doch der schöne Sonntag wird mehr und mehr zu einem Debakel.

Zuerst wirft Yuzo beim Baseball-Spiel mit ein paar Jungen den Ball in einen Kiosk am Straßenrand und muss für den entstandenen Schaden aufkommen, dann wird der Besuch des Zoos zur Enttäuschung, weil die meisten Tiere im Krieg getötet wurden und schließlich auch noch Regen einsetzt. Permanent werden die beiden mit den Auswirkungen des Krieges und der eigenen Armut konfrontiert, etwa als sie in einem Cafe etwas Trinken und anschließend für etwas bezahlen sollen, das sie nicht bestellt hatten. Die Frustration erreicht ihren Höhepunkt, als sie sich entschließen, zu einer Aufführung von Schuberts „Unvollendeter“ zu gehen und ihnen Schwarzmarkthändler die letzten Karten vor der Nase wegkaufen, um sie anschließend zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen. Yuzos Versuch, die Tickets zum Originalpreis von den Gaunern zu bekommen, endet damit, dass er zusammengeschlagen wird.

Immer wieder muss Masako den kurz vor der Resignation stehenden Yuzo aufmuntern und antreiben, so auch, als sie in der Schlusssequenz des Films in einem leeren Amphitheater sitzen. Yuzo beginnt, ein imaginäres Orchester zu dirigieren, doch schnell bricht seine Begeisterung in sich zusammen. Masako feuert ihn an, und wendet sich schließlich in einem Akt der Verzweiflung mit einer Ansprache direkt ans Publikum. Sie bittet dieses um Unterstützung und fordert dazu auf, durch Applaudieren all den mittellosen jungen Paaren neuen Mut zu machen. Kurz darauf setzt wirklich Schuberts „Unvollendete“ ein, und Yuzo dirigiert „sein“ Orchester.

Der zweite Nachkriegsfilm Kurosawas unterscheidet sich völlig von dem im Jahr zuvor veröffentlichten Kein Bedauern für meine Jugend, aber auch von späteren Gendaigeki-Filmen des Regisseurs. Anders als sonst bei Kurosawa stehen keine starken Charaktere im Vordergrund, sondern ein junges und – wie viele andere Japaner kurz nach dem Krieg – mittelloses Liebespaar, das sich keineswegs energisch der Unbillen seiner Situation erwehrt, sondern ständig mit Verzweiflung und Resignation zu kämpfen hat. Bemerkenswert daran ist die Rollenverteilung zwischen dem enttäuschten, zu Selbstmitleid und Phlegma tendierenden Yuzo und der energischeren, ihren Freund immer wieder aufmunternden und unterstützenden Masako.

Nicht nur die Charaktere, auch die Stimmung des Films weicht stark von anderen Filmen Kurosawas ab: es gibt keine Spannung erzeugenden Konflikte, die Handlung fließt langsam und fast bedrückend dahin. Dies korrespondiert mit der allgemeinen Stimmung der Charaktere, die sich auch auf das Publikum überträgt. Die Ursache für diese deutlichen Differenzen zu anderen Filmen Kurosawas liegt darin, dass er das Drehbuch nicht selbst schrieb, sondern mit seinem Jugendfreund Keinosuke Uekusa zusammenarbeitete.

Immer wieder kehrende Motive sind die Hoffnung und die Vorstellungskraft, die es den Menschen ermöglichen, trotz der Härten des Nachkriegslebens den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren. Das äußerst ungewöhnliche Ende des Films mit dem Appell an das Publikum symbolisiert diesen Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen, und appelliert gleichzeitig an Werte wie Gemeinsamkeit und Nächstenliebe, die gerade in Krisenzeiten von besonderer Bedeutung sind. Ich habe von einer Aufführung in Paris gelesen, bei der das Publikum tatsächlich wie von Kurosawa erwünscht auf den Appell reagierte, und spontaner Applaus ausbrach. Die Emotionalität dieses Gemeinschaftserlebnisses und die darauf einsetzende Musik Schuberts sollen Anwesenden zufolge atemberaubend gewesen sein, was ich mir persönlich sehr gut vorstellen kann. Allein wegen dieses jeder cineastischen Konvention widersprechenden, mutigen Experiments ist „Ein wunderschöner Sonntag“ für mich ein absolut bezaubernder, empfehlenswerter Film.