Original: Ansatsu (1964) von Masahiro Shinoda

Der erste Jidaigeki des jungen, 1931 geborenen Regisseurs Shinoda, der zuvor mit dem Yakuza-Film Pale Flower für Furore gesorgt hatte, hat einen überaus komplexen historischen Hintergrund, der beim japanischen Publikum damals sicher gegeben war, der den Film heute (insbesondere für Nicht-Japaner) aber schwer nachvollziehbar macht. Es geht um die gewaltsame Öffnung Japans durch die Kanonenbootpolitik des Commodore Perry und die sich daraus ergebende Auseinandersetzung zwischen Anhängern des Shogunats und des Kaisers, welche unter dem Motto sonno joi die Ausländer vertreiben und die Herrschaft des Kaisers wiederherstellen wollten, wozu es dann im Jahr 1867 auch kam.

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Vor diesem Hintergrund erzählt Assassination die Geschichte von Hachiro Kiyokawa (Tetsuro Tamba, im Screenshot links), Ronin mit außergewöhnlichem Geschick im Schwertkampf und großen Führungsqualitäten, der für den Shogun eine Kampftruppe aus Ronin zusammenstellen soll. Doch Kiyokawa ist als Gegner des Shogunats bekannt, weshalb gleichzeitig der Schwertkampfmeister Sasaki (Isao Kimura, rechts) mit dessen Ermordung beauftragt wird, sollte Kiyokawa außer Kontrolle geraten.

Gleich zu Beginn des Films kommt es zu einer Begegnung der beiden, die in einem Trainingsduell gipfelt, in dem Kiyokawa Sasaki mit Leichtigkeit zweimal schlägt und öffentlich demütigt. Für Sasaki wird die Ermordung Kiyokawas damit zur persönlichen Rache und er macht sich daran, mehr über den mysteriösen Führer der Ronin zu erfahren, um dessen Schwächen zu entdecken. Während Kiyokawa seine politischen Intrigen spinnt, mit seiner Truppe ins Lager des Kaisers überläuft und langsam dem Größenwahn und dem Alkohol verfällt, macht sich Sasaki ein Bild seines Gegners und schlägt schließlich zu.

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Da mir das historische Hintergrundwissen fehlt, um die ganzen politischen Ränkeschmiedereien zu durchschauen, habe ich Assassination vor allem als ein Duell zweier Männer erfahren, in dessen Zuge der Zuschauer immer mehr über den außergewöhnlichen Charakter Kiyokawas erfährt, der von Shinoda als ein Symbol für eine ganze Epoche präsentiert wird. Dabei erschien mir der Film fast wie eine Mischung aus Citizen Kane und Lawrence von Arabien: Aus Gesprächen mit Weggefährten Kiyokawas und dem Tagebuch seiner Geliebten Oren entsteht nach und nach ein immer differenzierteres Bild dieses Mannes, das sich aber mit der fortschreitenden Handlung zugleich dynamisch weiterentwickelt.

Wir erfahren von seiner einfachen Herkunft, wegen der er nicht ernst genommen wurde, seinen politischen Überzeugungen, seinem unsteten Lebenswandel, seinen ersten Erfahrungen mit dem Töten und wie er mehr und mehr in einem Strudel aus Gewalt versinkt, an dessen Ende er schließlich selbst durch das Schwert Sasakis stirbt. Sympathisch lässt ihn dabei lediglich die Liebe Orens erscheinen, die er aus einem Bordell befreite und die sich für ihn zu Tode foltern lässt.

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Assassination ist ein Film voller Gewalt, voller Lügen, Intrigen und verzweifelter Männer, die mit ansehen müssen, wie ihre Ideale wertlos werden und ihre Welt zu Bruch geht – und die sich dennoch krampfhaft daran festklammern. Shinoda lässt diese Zeit gewaltsamen Umbruchs in grandiosen Bildern vor unserem Auge entstehen, zieht dabei alle Register von durchkomponierten und -stilisierten Totalen über Close-ups bis hin zur aus der Hand gefilmten Ich-Perspektive. Kongenial begleitet werden die Bilder übrigens von Toru Takemitsus Musik.

Besonders faszinierend sind die wiederholt eingesetzten Freeze-frames, Kulminationspunkte von Szenen außergewöhnlicher Gewalt, die diese Gewalt festhalten und förmlich auf der Netzhaut einbrennen. So etwa ein Massaker in einer kleinen Gastwirtschaft, eine der brillantesten Szenen überhaupt. Zwischen den sich gegenseitig abschlachtenden Anhängern der beiden widerstreitenden Lager folgt die Kamera den schreiend durcheinander rennenden Zivilisten und verschiebt so für einen Moment komplett die Perspektive, um sogleich zu einem Samurai zurückzukehren, der einen Gegner durch den Körper seines eigenen Kampfgefährten hindurch ersticht. Freeze!

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Allein der Umstand, dass Assassination auch bei nahezu kompletter Unkenntnis des historischen Hintergrunds trotzdem noch ein faszinierender, mitreißender Film ist, sagt eigentlich schon alles über dessen Qualität aus. Wenn ich ihn mir das nächste Mal ansehe, werde ich mich aber dennoch gut vorbereiten, um ihn dann auch als politisch-historischen Thriller würdigen zu können.