Original: 46-okunen no koi (2006), von Takashi Miike

Natürlich hatte ich schon viel von Takashi Miike gehört und gelesen, aber Big Bang Love ist tatsächlich meine erste Erfahrung mit einem Miike-Film, da mein Spezialgebiet ja eher die japanischen Klassiker sind. Ich wusste, dass Miike als Workaholic gilt, der auch mal 8 oder 9 Filme pro Jahr dreht, dass ihm ein Hang zum Absonderlichen nachgesagt wird, dass Gewalt in vielen seiner Filmen eine prominente Rolle einnimmt und dass er als einer der genialsten Regisseure der Gegenwart gilt. Entsprechend gespannt war ich auf Big Bang Love.

Der beginnt mit einem Shakespeare rezitierenden Schauspieler allein auf einer Bühne, dann einem kleinen Jungen vor rotem Hintergrund, der ein Mann werden möchte und sich dazu ein Vorbild aussuchen soll. Danach beginnt die eigentliche Geschichte, die sich um Jun (Ryuhei Matsuda) dreht, Kellner in einer Schwulenbar, der wegen der grausamen Tötung eines Kunden ins Gefängnis kommt. Dort trifft er auf den am ganzen Körper tätowierten, zu spontaner Gewalt neigenden Shiro (Masanobu Ando) und erwürgt ihn vorgeblich. Doch warum? Und war er es wirklich oder gab es nicht andere, die Shiro getötet haben könnten?

So entwickelt sich eine schwer durchschaubare Mystery-Geschichte, die angesichts der abstrakten Elemente des Films fast in den Hintergrund tritt: Das Gefängnis besteht aus auf den Boden gezeichneten Zellen wie in Dogville, eine gigantische Pyramide und die Startrampe einer Rakete sind vom Gefängnis aus zu sehen, Sonnenstrahlen durchdringen schlagende Herzen.

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Es gibt ein paar Elemente, die ich zu so etwas wie einer Interpretation zusammenfügen würde; dazu gehören der japanische Originaltitel (übersetzt heisst er soviel wie „460 Millionen Jahre Liebe“), die Pyramide als eines der größten Rätsel der Menschheit und die Geschichte um das unbekannte Motiv für die Ermordung (oder den Selbstmord?) Shiros. Nehme ich diese für die Rätselhaftigkeit des Menschen und die Bedeutung der Liebe stehenden Elemente zusammen, würde ich sagen, dass es in Bing Bang Love um das Rätsel der Liebe schlechthin geht, die Hoffnung und Kraft die sie dem Menschen seit Anbeginn der Zeit gibt und die Möglichkeiten, die sich ihm durch sie eröffnen, aber auch um die Abgründe, in die sie uns stoßen kann.

Das klingt jetzt vielleicht ganz nachvollziehbar, aber genauso gut könnte ich andere im Film vorkommende Symbole herausgreifen, die dieses Konstrukt schnell in sich zusammenbrechen lassen. Da geht es nämlich auch um das Erwachsenwerden (der Junge, der sich ein Vorbild für seine Mannwerdung sucht), um die Suche nach der eigenen Identität (Shiro, der mal mit Tätowierung zu sehen ist und dann wieder ohne) und vieles mehr.

Nachdem ich Big Bang Love gesehen und mir den Kopf darüber zerbrochen habe, habe ich natürlich auch viele andere Kritiken gelesen. Mein Eindruck war, dass jeder den Film irgendwie gut findet, mit großen Worten die Gründe dafür zu erklären versucht, aber niemand genau sagen kann woran es letztlich liegt. Und dass niemand den Durchblick, den Schlüssel zu all diesen Symbolen und Metaphern gefunden hat und ihre Beziehung zu den Charakteren und der Haupthandlung in einen sinngebenden Gesamtkontext einordnen kann. Am besten, du siehst dir Big Bang Love selbst an, denn das ist definitiv ein Film, der in jedem Zuschauer etwas anderes bewegen und andere Gedanken hervorbringen kann. Und allein deshalb ist er gut und sehenswert!

Wer sich noch alles keinen Reim auf den Film machen konnte: midnighteye, Der Tagesspiegel, Filmstarts, Asianfilmweb, Berlinaleblog, plomlompom, filmkritiken.org, Heroic-cinema.