Original: Takume, Hareruja (2006) von Yoshiyuki Itakura

Meine erste Rezension eines Films, zu dem es keinen Eintrag bei IMDb gibt! Filmfestivals sind schon was tolles. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich den Film so gesehen habe, wie man ihn hätte sehen sollen, denn es gab bei der Aufführung leider technische Probleme. Möglicherweise fehlt mir ein Stück vom Anfang des Films.

Zunächst bekommt der Zuschauer eine Serie von ineinandergeschnittenen, verfremdeten schwarz-weissen Kriegsbildern zu sehen. Explosionen, Zerstörung, abstürzende Flugzeuge und darüber ein verstörender Soundtrack. Dieser stammt von Hiroto, der allem Anschein nach Soundeditor ist. Plötzlich bekommt er einen Anruf von seinem Onkel, dass seine demente Großmutter – die ihn nach dem Tod seiner Eltern großzog – verschwunden wäre. Als er sie findet, erzählt sie ihm von seiner Schwester Saki, und gleich darauf begegnet Hiroto ein kleines Mädchen dieses Namens, das vor seiner Mutter davonläuft.

Irgendwann wird einem dann klar, dass Hiroto ein Überlebender des Erdbebens von Kobe aus dem Jahr 1995 sein muss, bei dem Tausende ums Leben kamen, darunter wohl auch seine Eltern, und er deshalb bei seiner Großmutter aufwuchs. Aus dieser traumatischen Erfahrung speist sich dann auch seine Idee, dass das Mädchen Saki seine Schwester sei und die beiden gemeinsam ihr verpasstes Familienleben nachholen müssten. Je mehr Widerstände sich ihm dabei in den Weg stellen, um so besessener verteidigt er seine Beziehung zur kleinen Saki.

Dieses Verhältnis nimmt eine sehr interessante Entwicklung: Zunächst scheint es, als würde Hiroto seine „Schwester“ vor einer Rabenmutter beschützen und ihr helfen. Doch je mehr er sich in seine Fantasievorstellungen hineinsteigert, um so mehr zeigt sich, dass Saki viel reifer ist, mit der Situation viel gelassener umgeht. Schließlich kehrt sich das Verhältnis um, Hiroto ist plötzlich auf Saki angewiesen und will sie nicht mehr gehen lassen.

Hate, Halleluja war für mich eine sehr verstörende Erfahrung. Obwohl der Film einen sehr langsamen Rhythmus hat, kaum Dialoge beinhaltet und eigentlich nur zwei oder drei Personen eine wichtige Rolle spielen, wirkte er auf mich sehr verwirrend. Dazu trug bei, dass die Vergangenheit Hirotos mühsam erschlossen werden musste, dass immer wieder verwirrende weil scheinbar zusammenhanglose Schnitte gemacht wurden und dass Hiroto permanent mit Kopfhörern herumläuft und mit Soundeffekten experimentiert. Da zudem oft absichtlich diegetischer und nicht-diegetischer Sound zu verfremdenden Effekten vermischt waren, war oft der Ursprung der zu hörenden Geräusche unklar.

Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass eigentlich alles Sinn macht. Die anfangs gezeigten Bilder von Tod und Zerstörung weisen auf die Konsequenzen des Erdbebens hin, die sich von denen eines Kriegs kaum unterscheiden. Die Kopfhörer sind natürlich ein allgegenwärtiges Symbol von Eskapismus und Verdrängung, das Hiroto immer wieder auch der kleinen Saki aufdrängt. Und das Gefühl der Verwirrung beim Zuschauer spiegelt das wider, was auch in Hiroto vorgeht. Also ein komplexer, wirklich gelungener Film, der zurecht von der Cineastes Organization Osaka gefördert wurde.