Original: Iwashigumo (1958), von Mikio Naruse

Die Witwe Yae (Chikage Awashima) berichtet dem Journalisten Okawa (Isao Kimura) vom harten Leben auf dem Land und von ihrem Bruder Wasuke (Ganjiro Nakamura), der bei Brauttauschgeschäften einen Großteil seines Vermögens verlor und nun ein ärmlicher Bauer ist. Seine Kinder aus drei Ehen wenden sich vom Landleben ab: Sein zweiter Sohn hat studiert und arbeitet und lebt in der Stadt, sein dritter Sohn will eine Mechanikerausbildung in Tokyo machen. Dabei plant Wasuke, ihn mit der Tochter eines wohlhabenden Cousins zu verheiraten, um an dessen Land zu kommen. Sein kurz vor der Hochzeit stehender ältester Sohn will als einziger den Hof fortführen.

Yae und Okawa reisen als Hochzeitsvermittler zur Familie der Braut, verbringen so einige Tage zusammen und verlieben sich ineinander. Yae blüht auf, verfolgt moderne Ideen und unterstützt die Kinder ihres Bruders bei deren Versuchen, Unabhängigkeit zu erlangen und das Landleben hinter sich zu lassen. Gemeinsam erreichen sie, dass Wasuke einwilligt, einen Teil seines Landes zu verkaufen um seinen Söhnen das erträumte Leben zu ermöglichen. Doch als Okawa nach Tokyo versetzt wird, muss Yae erkennen, dass ihrem eigenen Glück enge Grenzen gesetzt sind: Hart arbeitend bleibt sie auf ihren Feldern zurück.

Thema des Films ist die Modernisierung der Japanischen Gesellschaft nach dem Krieg, das Auseinanderdriften der Generationen: Auf der einen Seite die Elterngeneration, die in alten Denkweisen und Wertvorstellungen gefangen ist und deren Lebensinhalte von diesen abhängen, auf der anderen Seite die junge Generation, die vor allem die Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben sieht und diese ergreifen möchte. Dabei bringt Naruse beiden Seiten großes Verständnis und Wärme entgegen und zeichnet die Charaktere mit großer Zuwendung und Liebe zum Detail.

Der Film kritisiert an Yaes Beispiel vor allem das traditionelle Familiensystem, insbesondere die Abhängigkeit einer Frau von der Familie des Ehemanns. Dies verdeutlicht vor allem Yaes Schwiegermutter, die selbstverständlich erwartet, von Yae versorgt zu werden, aber selbst nicht bereit ist, Yae oder deren Sohn zu unterstützen. Immer wieder verweist Yae in den Gesprächen mit Okawa auf die Erbschaftsregeln, die Frauen zu einer untergeordneten Rolle verdammen und ihnen keine Eigenständigkeit erlauben.

Trotz all der Kritik an überkommenen Traditionen und Yaes hartem Schicksal besticht der Film aber auch durch Szenen großen Glücks und großer Freude, etwa wenn Yae und Okawa zusammen verreisen oder als die Familie den Grundstein für das Haus der Brautleute legt, alle begeistert bei der Arbeit sind und Lieder singen.

Großartig verwebt Naruse die Handlungsstränge der verschiedenen Charaktere (drei Liebespaare, Wasuke und seine Frau sowie der jüngste Sohn) zu einem großen Ganzen. Dabei kommen auch assoziative Schnitte zum Einsatz: Als sich Yae und eine Freundin über die jugendlichen Verliebten unterhalten, schneidet Naruse aus der Konversation direkt zum Liebespaar geschnitten und anschließend wieder zurück zur Ausgangsszene, wo die Konversation unmittelbar wieder aufgegriffen wird. Das Timing ist exzellent und die Geschichte wirkt trotz der verschlungenen Familienbeziehungen zu keinem Zeitpunkt konstruiert sondern direkt aus dem Leben gegriffen.

Dabei werden Wasuke und Yae als konträre Beispiele einer dem Untergang geweihten Lebensart dargestellt: Yae würde gern einige der sich einer modernen Frau bietenden Chancen ergreifen, ist letztlich aber in der konsequenter in ihrem Traditionalismus als ihr Bruder Wasuke. Der reagiert zwar auf die Bitten seiner Familie, Felder zu verkaufen um die Mechaniker-Ausbildung seines Sohnes zu bezahlen, zunächst ablehnend (€žDas Land ist alles, was ein Bauer hat€œ). Schließlich gibt er aber nach und bleibt gebrochen zurück, während Yae ihre Bindung an das Land als die Essenz ihres Lebens sieht, und nicht bereit ist, diese aufzugeben.

In der großartigen Schlussszene beackert sie wild entschlossen und zugleich erzweifelt ihr Reisfeld mit denen sie untrennbar verbunden ist. Allein bleibt sie zurück, in den sich bis zum Horizont dehnenden Reisfeldern unter einem dräuenden Wolkenhimmel.