Original: Gembaku no ko (1952), von Kaneto Shindo

Jahre sind vergangen seit die Kindergärtnerin Takako (Nobuko Otowa) das letzte Mal in ihrer Heimatstadt Hiroshima war. Nun kehrt sie für ein paar Tage zurück, um alte Freunde und die Kinder zu besuchen, die sie vor dem Abwurf der Atombombe betreut hatte. Bei der Ankunft in der Stadt und dem Besuch des durch die Bombe zerstörten Hauses ihrer Familie, leben zunächst ihre eigenen Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag wieder auf, bevor sie nach und nach mit jeder Person der sie begegnet mit den Folgen für die Überlebenden konfrontiert wird.

Da ist ihre Freundin und frühere Kollegin, die gerade mit ihrem Mann ein Kind adoptieren will, weil sie selbst steril wurde. Ein Mädchen, das plötzlich an den Spätfolgen der Strahlung stirbt. Eine Frau, die unter ihrem eigenen, einstürzenden Haus begraben und zum Krüppel wurde. Und natürlich die Kinder, von denen viele zu Waisen wurden, die nun in Heimen aufwachsen.

children of hiroshima screenshot 1

Shindo verlagert dann den Schwerpunkt des Films langsam von der Auseinandersetzung mit dem Leid der Vergangenheit und der Gegenwart aber auf den Kampf um die Zukunft. Symbolisiert wird diese durch den Enkel eines ehemaligen Angestellten von Takakos Familie, der durch den Blitz der Bombe erblindete, nun als Bettler dahinvegetiert und das Kind daher in ein Heim geben musste. Takako bietet ihm an, sich um den Jungen zu kümmern und ihn zu ihrer Verwandtschaft mitzunehmen, wo er in sicheren Verhältnissen aufwachsen würde und ihm die Zukunft offenstünde.

Für den alten Mann ist sein Enkel jedoch der einzige Halt in diesem von der Bombe zerstörten Leben. Er lehnt das Angebot zuerst ab, gerät dadurch aber in einen schweren Gewissenskonflikt, den er schließlich nur durch Selbstmord zu lösen im Stande ist. So kann Takako am Ende doch den kleinen Jungen aufnehmen und ihm den Weg in eine hoffnungsvolle Zukunft öffnen, angedeutet in der letzten Szene des Films: Hand in Hand machen sich die beiden an Bord eines Schiffes auf zu neuen Ufern, Hiroshima und die Vergangenheit hinter sich lassend.

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Dass die Wunden des Erlebten nicht ganz so einfach heilen, macht Shindo vorher aber noch sehr nachdrücklich deutlich: Als Takako sich am Hafen von ihrer Freundin verabschiedet, ist das Motorengeräusch eines einzelnen Flugzeugs in der Ferne zu hören. Unwillkürlich blicken beide besorgt und verängstigt gen Himmel und werden erst durch den Jungen, der ganz unbedarft – fast begeistert – auf das Flugzeug reagiert, in die Gegenwart zurückgeholt.

Die Kinder von Hiroshima war meines Wissens der erste Film, der sich mit dem Atombombenabwurf beschäftigte. Die Ereignisse des 6. August 1945 selbst spielen dabei eine sehr untergeordnete Rolle und werden nur kurz mittels einiger Flashbacks aus Takakos Sicht beleuchtet.

Regisseur Kaneto Shindo nahm nur ganz wenige, kurz aufblitzende schockierende Bilder zu Hilfe, was auch dem fast dokumentarischen Charakter des Films entspricht. Dieser ist zum einen geprägt von der Trauer um die Toten und Takakos Mitgefühl für das Leiden der Überlebenden, ohne dabei aber allzu sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Zum anderen geht es um die Überwindung des Traumas und um einen Neuanfang für die nachkommenden Generationen, was dem Film am Ende einen fast hoffnungsvollen Touch verleiht.

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Somit geht es dem Film weniger darum, die Grausamkeit der Bombe (und damit die Amerikaner) anzuklagen, als vielmehr, das Leid der Betroffenen zu beklagen, aber dieses letztlich auch zu überwinden. Mit diesem Ansatz enttäuschte Shindo zwar nicht das Publikum, aber wohl seinen Auftraggeber, die Lehrergewerkschaft.

Diese wollte sich des Films als Mittel im Streit um die politisch-historische Wertung des Bombenabwurfs bedienen und die japanische Opferrolle untermauern (die Verharmlosung japanischer Kriegsverbrechen setzt sich nahtlos bis in die Gegenwart fort). Vermutlich hatte man sich von Shindo, der aus dem sozialistischen Lager kam, eine anti-amerikanische Haltung versprochen, wurde darin aber enttäuscht. Er nutzte die Gelegenheit statt dessen, um einen durch und durch unpolitischen und humanistischen, zeitlosen Film zu machen, der dadurch bis heute sehenswert und in seinem reifen Umgang mit der schwierigen Materie beeindruckend ist.