Original: Gion Bayashi (1953) von Kenji Mizoguchi

Nach dem Tod ihrer Mutter sucht die 16jährige Eiko (Ayako Wakao) Zuflucht in dem Geisha-Haus, in dem ihre Mutter einst arbeitete. Dort nimmt die respektierte und etwas traditionelle Miyoharu (Michiyo Kogure) sie unter ihre Fittiche und ermöglicht ihr die teure Ausbildung zur Geisha, die Eiko in Rekordzeit ablegt.

Bei ihrem Debut begegnen Miyoharu und Eiko (nun unter ihrem Künstlernamen Miyoei) dem Geschäftsmann Kusuda, einem wichtigen Stammkunden. Kusuda (Seizaburo Kawazu) versucht gerade, einen Regierungsauftrag an Land zu ziehen und beglückt dazu den zuständigen Beamten mit allerlei schönen Dingen €“ unter anderem Geisha-Darbietungen. Kusuda entgeht nicht, dass der Beamte ein Auge auf Miyoharu geworfen hat, und lädt sie und Miyoei zu einem Besuch in Tokyo ein. Nicht ahnend, dass Kusuda seinem Kunden eine Nacht mit Miyoharu versprochen hat, nehmen die beiden die Einladung an. Als der Plan jedoch auffliegt ist die Empörung groß, und als sich Miyoei auch noch den Annäherungsversuchen Kusudas gewaltsam erwehrt, kommt es schließlich zum Eklat.

Zum Auftakt von Gion Bayashi, während Eiko in den verschiedensten Künsten vom Blumenstecken über Tanz bis zum Shamisen-Spiel unterrichtet wird, wird das traditionelle Bild der Geisha als Künstlerin zelebriert. In einer Szene spricht eine Lehrerin sogar ausdrücklich davon, dass Geishas neben dem Fujiyama das Sinnbild Japans und japanischer Kultur schlechthin seien. Nachdem Mizoguchi dieses Bild sorgsam aufgebaut hat, macht er sich im weiteren Verlauf des Films daran, es Stück für Stück zu zertrümmern und dem Zuschauer vor Augen zu führen, wie sehr Geishas als Ware und Verhandlungsmasse instrumentalisiert und dabei auf ihren Körper reduziert werden.

Diesen Gegensatz aus Anspruch und Realität verstärkt Mizoguchi besonders dadurch, dass er dem ersten Drittel des Films mit Eikos Aufnahme im Geisha-Haus, der Suche nach einem Bürgen, ihrer Ausbildung inklusive frühem Aufstehen und schließlich ihrer Einführung in die „Gesellschaft“, viele kleine Details mitgibt und so einen schon fast halbdokumentarischen Charakter verleiht. So gewinnt der Film eine große Authentizität und Glaubwürdigkeit, welche sich dann auch auf die Darstellung der Schattenseiten überträgt.

Bei der Ausleuchtung dieser Schattenseiten ist besonders erschütternd, dass keineswegs nur die Geschäftsmänner, die Sex zur Durchsetzung ihrer Deals nutzen, die Integrität der Geishas unterminieren. Vielmehr werden die größeren Strukturen, in denen die Geishas ihrer Arbeit nachgehen, offengelegt: Seniorität, finanzielle Abhängigkeiten, Intransparenzen, Machtkalkül und kaltes Profitdenken regieren hier wie anderswo auch. Letztlich wird Miyoharus Widerstand von einer wohlhabenden und einflussreichen ehemalige Geisha und Förderin mittels massivem Druckes gebrochen: Um finanziell zu überleben und Eikos Zukunft nicht zu runieren, gibt Miyoharu ihre Würde und Integrität auf und willigt letztlich in Kusudas Plan ein.

Dabei unterstreicht Mizoguchi die vielfältigen Abhängigkeiten, das Ausgeliefertsein der Geishas, mittels eindringlicher Bilder. Immer wieder zeigt er Miyoharu und Eiko allein oder gemeinsam durch einen engen, dunklen Tunnel gehen oder von ihren Kunden durch Vorhänge oder Stellwände visuell getrennt.

Jenseits dieser kritischen Betrachtung der Welt der Geishas besticht der Film aber auch mit zwei großartigen Hauptdarstellerinnen, die wunderbar harmonieren. Ayako Wakao gibt ihrem Charakter eine herrliche jugendliche Naivität, Aufgewecktheit und Liebenswürdigkeit mit, während Michiyo Kogure ihre Rolle bei aller Erfahrenheit und Abgeklärtheit mit großer Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft, aber auch mit spürbarer Verzeiflung und innerer Zerrissenheit angesichts der Bedrohung ihrer Integrität und ihres Selbstverständnisses ausstattet. Wie diese beiden unterschiedlichen Frauen zu Freundinnen werden, und – vergeblich – versuchen, dem Druck standzuhalten, gibt dem sozialkritischen Gion Bayashi ein sehr menschliches Antlitz.