Original: Ukigumo (1955) von Mikio Naruse

1946, viele Japaner kehren aus den während des Krieges besetzten Überseegebieten zurück. Darunter auch Yukiko (Hideko Takamine), die in Indochina ein Verhältnis mit dem verheirateten Tomioka (Masayuki Mori) begonnen hatte, den sie jetzt wieder sucht. Er lebt wieder bei seiner Frau und kämpft im zerstörten Japan um seine Existenz. Trotzdem lebt die Affäre der beiden erneut auf, sie unternehmen sogar gemeinsame Reisen.

Die Einstellung der beiden zu ihrer ohnehin schwierigen Beziehung ist jedoch grundverschieden. Während Tomioka Yukiko alles bedeutet, ist er vage, geht immer wieder auf Distanz und hat noch andere Affären. Sein unsteter Lebenswandel, seine Unfähigkeit, eine geregelte Arbeit zu finden, zerren zusätzlich an ihrer Beziehung und stellen diese immer wieder auf die Probe. Als er nach dem Tod seiner Frau eine Stelle auf einer abgelegenen Insel annimmt und Yukiko ihn dorthin begleitet, und die beiden gewissermaßen wieder am Ausgangspunkt ihrer Beziehung angelangt sind, scheint es für einen Moment, als würde sich alles zum Guten wenden können. Doch auf der Reise erkrankt Yukiko und stirbt bald darauf. Zu spät realisiert Tomioka, was er an ihr hatte.

Floating Clouds ist in vielfacher Hinsicht ein sehr ungewöhnlicher Film für Mikio Naruse. Die meisten seiner Filme sind zeitlich und geographisch fokussiert, spielen also in einem gut überschaubaren Zeitrahmen von ein paar Tagen oder Wochen und an ganz wenigen Schauplätzen, oft innerhalb von nur ein oder zwei immergleichen Gebäuden. Die Handlung von Floating Clouds dagegen erstreckt sich über mehrere Jahre, ist nur sehr schwer einzugrenzen, und spielt an einer Vielzahl von Schauplätzen angefangen von Dalat in Indochina über die verschiedenen ärmlichen Unterkünfte der beiden und ihre Reiseziele bis hin zu Yakushima, der Insel, auf der Yukiko letztlich stirbt.

Ist der zeitliche und räumliche Rahmen des Films sehr viel ausladender als bei Naruse üblich, so fokussiert er sich andererseits ungewöhnlich stark auf die beiden von Takamine und Mori grandios verkörperten Hauptcharaktere. In den meisten Filmen Naruses, die ich bisher gesehen habe, stehen Familien oder Gruppen von eng verbundenen Menschen im Vordergrund und es gibt um die (meist weibliche) Hauptrolle herum gewissermaßen ein Ensemble zentraler Figuren, zwischen denen Naruse virtuos hin- und herwechselt. Nicht so in Floating Clouds, in dem außer Yukiko und Tomioka kaum nennenswerte Charaktere auftauchen. Zu nennen wären allenfalls Yukikos Schwager und die verschiedenen Liebschaften Tomiokas, die aber alle bestenfalls 3 oder 4 Sätze haben.

Vor diesem Hintergrund, dass es sich hier um einen eigentlich untypischen Naruse handelt, fand ich es sehr interessant zu lesen, dass er Catherine Russell zufolge das in Japan bekannteste Werk des Regisseurs sein soll. Russell zufolge hängt dies mit der Thematisierung der unmittelbaren Vergangenheit Japans und des Traumas des verlorengegangenen Kriegs zusammen.

In der Tat sind die Kriegsfolgen im Film allgegenwärtig: Zerstörte Straßenzüge, GIs, Demonstrationen, bittere Armut. Das eigentlich bemerkenswerte ist jedoch die Ziellosigkeit, Kraftlosigkeit und Unbestimmtheit, mit der Yukiko und ganz besonders Tomioka wie die titelgebenden Wolken durchs Leben treiben. Nichts gibt ihnen Halt, außer der Erinnerung an die schöne gemeinsame Zeit in Indochina.

Dies wurde von verschiedenen Autoren einerseits als schon fast reaktionäre Verherrlichung des kriegführenden Japans gesehen, andererseits aber auch als Anklage all derer interpretiert, die in völliger Verblendung dem Expansionsdrang des Militärs folgten und dann, als die Illusion mit der Niederlage in sich zusammenstürzte, jeglichen Halt und Orientierung im Leben verloren. In dieser Lesart stehen Yukiko und Tomioka symbolhaft für die ganze japanische Gesellschaft.

Man mag das sehen wie man will (ich persönlich halte von der ersten Variante ziemlich wenig), Floating Clouds ist zunächst mal ein faszinierendes und mitreißendes Porträt zweier verzweifelter Menschen, die magisch voneinander angezogen werden, aber nie wirklich zusammenkommen können. Und als solches ist der Film jenseits aller historisierender Interpretationen ein hochintensiver, sehenswerter Film und sicher einer der Besten Naruses.