Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Karigurashi no Arrietty der nächste Film aus dem Studio Ghibli sein wird, und dass Hiromasa Yonebayashi damit sein Regiedebut geben wird. Das große Geheimnis um den nächsten Regisseur im Hause Ghibli war damit gelüftet, aber wird damit endlich auch die Nachfolgefrage der beiden Altmeister angegangen?

Das inzwischen zur Ikone gewordene Studio Ghibli wurde 1985 ursprünglich mal gegründet, um den beiden Animationsgenies Hayao Miyazaki und Isao Takahata die Umsetzung ihrer außergewöhnlichen Qualitätsansprüche zu ermöglichen. Mit hoher Qualität kommen aber immer auch hohe Kosten, daher waren die Projekte sehr riskant und in den frühen Jahren nach der Gründung hätte daher nach jedem Film Schluss sein können.

Das begann sich ab 1989 zu ändern: Kikis kleiner Lieferservice war der erfolgreichste japanische Film des Jahres, gleichzeitig begann Ghibli regelmäßige Umsätze mit Totoro-Merchandising zu machen. Das ermöglichte eine bis dahin einzigartige Personalstrategie: Anders als bei anderen japanischen Animationsstudios wurden Zeichner nicht mehr nach der Anzahl ihrer Zeichnungen bezahlt und immer nur für die Dauer eines Projekts beschäftigt. Statt dessen ging Ghibli dazu über, seine Zeichner fest anzustellen, ein regelmäßiges Gehalt zu zahlen und in die Ausbildung seiner Mitarbeiter zu investieren. Dieser Strategiewechsel war im Einklang mit dem Anspruch des Studios, allerhöchste Qualität zu produzieren.

Trotz dieser einzigartigen Personalpolitik des Studios schien sich aber lange Zeit an der Konzentration auf Hayao Miyazaki und Isao Takahata als den führenden kreativen Köpfen nichts zu ändern. Yoshifumi Kondo, der 1995 sein Regiedebut mit Whisper of the Heart gegeben hatte, starb 1998 in jungen Jahren unerwartet an einem Aneurysma. Miyazakis Sohn Goro versuchte sich in den letzten Jahren ebenfalls als Regisseur, sein Spielfilmdebut Gedo Senki enttäuschte allerdings viele Ghibli-Fans und warf angesichts des fortgeschrittenen Alters von Miyazaki Senior (geboren 1941) und Takahata (1935) Fragen zur Zukunft des Studios auf. Hatte Ghibli es versäumt, die unbestritten im Studio vorhandenen Talente zu fördern und aufzubauen?

Anscheinend haben die Studio-Bosse diese Gefahr auch gesehen. Die Wahl des Regisseurs für Karigurashi no Arrietty schien laut Toshio Suzuki zwar sehr spontan auf Yonebayashi gefallen zu sein, aber dafür wird er ganz behutsam aufgebaut:1996 war er zum Ghibli-Team gestoßen und hatte zunächst als Inbetweener gearbeitet, bevor er Key-Animator und bei Gedo Senki schließlich Regieassistent wurde.

Trotz dieser Mitarbeit an mehreren Großprojekten ist Yonebayashi mit 36 Jahren immer noch sehr jung (der jüngste Regisseur in der Geschichte des Studios), die Wahl könnte also riskant gewesen sein. Dafür wird er offenbar stark von Hayao Miyazaki unter die Fittiche genommen: Das Projekt wurde von Miyazaki vorbereitet, der auch zusammen mit Keiko Miwa das Drehbuch schrieb. Es wurde ein Produktionsprozess gewählt, der Yonebayashi bei seinem Debut entlasten sollte und auch aus der Presse wird er konsequent herausgehalten. Ich bin schon sehr gepannt, ob dieses Debut vielleicht einen Blick in die Zukunft von Ghibli wird, die Voraussetzungen scheinen jedenfalls günstiger als bei Goro Miyazaki, der ja ziemlich ins kalte Wasser geworfen wurde.

PS: Der Film Karigurashi no Arrietty basiert übrigens auf Mary Nortons Romanreihe „Die Borger“ und wird die Geschichte der 14jährigen Borgerin Arrietty erzählen. Allein auf Grund der bekannten Vorlage dürfte der Film also gute Chancen auf dem internationalen Markt haben.