Original: Genius Party Beyond (2008)

Fünf Animationsregisseure durften sich für den zweiten Teil des Genius Party Experiments – beide Filme bestehen jeweils aus mehreren eigenständigen Anime-Kurzfilmen – austoben. Dieses Mal dabei die Newcomer Masahiro Maeda (seine Episode „Gala“ macht den Auftakt), Shinya Ohara („Wanwa“) und Tatsuyuki Tanaka („Tojin Kit“). Außerdem Kazuto Nakazawa („Moondrive“), der bereits an Animatrix mitgewirkt und die Animationssequenzen für Kill Bill beigesteuert hatte sowie Koji Morimoto („Dimension Bomb“), einer der anerkanntesten Animateure weltweit und Mitgründer des Studio 4°C.

Ich werde jetzt nicht groß in die Details der einzelnen Episoden gehen, die sind alle für sich genommen faszinierend und in sich stimmig was ihre Ästhetik und Atmosphäre angeht, erzählen aber auch alle für sich genommen eine kleine Geschichte. Mal machen diese Episoden einfach nur Spaß („Moondrive“), mal regen sie zum Nachdenken an („Dimension Bomb“). Manche kommen knallbunt daher und überrollen einen mit ihrer Kreativität und Vitalität geradezu („Wanwa“), andere holen einen wieder herunter, sind stoisch und unterkühlt bis zur Schmerzhaftigkeit („Tojin Kit“). Und mit „Gala“ ist auch ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk dabei.

Dass Genius Party Beyond trotz dieser großen Bandbreite, der Unterschiede zwischen den einzelnen Episoden funktioiniert und überzeugt, liegt daran, dass die fünf Episoden auch einiges gemeinsam haben. Vor allem gibt es keine Ausfälle, alle fünf sind absolut sehenswert und auf ihre Art mitreissend und fesselnd. Und zudem haben die Episoden ein gemeinsames Thema, das sie in eine übergeordnete Struktur einfügt und dem ganzen Film seinen Rhythmus verleiht: Der Zyklus von Leben und Tod.

In der ersten Episode steht das Wunder neuen Lebens im Zentrum, dessen Alltäglichkeit und Unscheinbarkeit in „Gala“ einmal aus einer ganz anderen Perspektive gezeigt wird. Besonders begeisternd an dieser Episode fand ich (neben der wunderbaren Idee als solcher) das fantastische Zusammenspiel von Bildern und Musik, das eine unglaubliche Energie freisetzt, die mich am Ende der Episode mit wild klopfendem Herz in den Kinosessel gedrückt hatte.

Weiter geht es dann mit der durchgeknallten Schatzsuche in „Moondrive“, die in meinen Augen die wilden Jugendjahre repräsentiert, in denen alles möglich ist und man nie zurück schaut. In „Wanwa“ stehen Kindheit und Familie im Vordergrund und werden mit einem Stil umgesetzt, der wirklich wirkt als wären Kinder mit Malstiften am Werk gewesen.

Nach diesem lebensfrohen und quietschbunten Abschnitt wird es nun sehr viel ernster: In „Tojin Kit“ sehen wir einen Hauptcharakter bar jeglicher Energie und Lebensfreude, in einer farblosen, monotonen, von leeren Gängen und Industrie geprägten Welt. Das einzige, was diese Trostlosigkeit durchbricht, wird von einer totalitären Staatsmacht gejagt und vernichtet. Willkommen in der Midlife-Crisis.

Am Ende des Films folgt dann mit Koji Morimotos „Dimension Bomb“ der absolute Höhepunkt. Die grandiose, rätselhafte Animation fegt alles beiseite, nimmt gefangen und reisst alles mit sich fort. Lichtdurchflutete Bilder von faszinierender Schönheit wie der obige Screenshot aus einem Kornfeld wechseln sich ab mit bedrückenden Bildern brennender, sich vor Verzweiflung windender Körper. Gegensätze wie heiss und kalt, Regen und Sonne, Himmel und Hölle prägen diese Episode und markieren den Übergang vom Leben zum Tod. Der Kreis schließt sich, das Leben kann neu beginnen.

Genius Party Beyond ist eine Sammlung kleiner Meisterwerke, deren Zusammenspiel exzellent funktioniert und die so in ihrer Gesamtheit noch über sich hinaus wachsen. Animation vom Allerfeinsten, kreativ und ambitioniert, Avantgarde wie man sie selten so konzentriert zu sehen bekommt. Für mich war das der letzte Film, den ich auf dem JFFH gesehen habe, und es war ein würdiger Ausklang. Jetzt heisst es nur noch, auf die DVD warten, die hoffentlich bald bei rem erscheint.