Original: Arigatou san (1936) von Hiroshi Shimizu

Der Film, dessen Drehbuch vom späteren Nobelpreisträger Yasunari Kawabata stammt, folgt einer Busfahrt im ländlichen Japan und hat keine eigentliche Handlung aufzuweisen. Vielmehr führt er eine Gruppe von Menschen in dem Bus zusammen, dessen junger Busfahrer (Ken Uehara) alle nur „Arigatou-san“ (Mr. Thankyou) nennen, weil er sich bei jedem Überholmanöver artig bedankt.

Zu den Passagieren gehören ein junges Mädchen, das immer niedergeschlagen dreinblickend ganz hinten im Bus neben seiner Mutter sitzt und schon bald im Zentrum des Interesses steht: In einigen Andeutungen wird klar, dass es in die Prostitution verkauft wird, um seiner Familie das Überleben zu ermöglichen. Eine kokette junge Frau setzt sich direkt hinter Arigatou-san und macht ihm schöne Augen, ein eingebildeter Geschäftsmann streicht seinen falschen Bart und nervt die anderen Passagiere. So entsteht ein Geflecht an Beziehungen innerhalb des Busses, das durch zwischenzeitlich ein- und aussteigende Passagiere und Arigatou-sans Begegnungen mit Passanten, für die er Botendienste und kleine Besorgungen erledigt, aufgelockert und ergänzt wird.

Die Charaktere des Films sind sehr lebendig gezeichnet und die sich rasch herausbildenden Eigenheiten sorgen für reichlich Reibungspunkte, die voller Situationskomik stecken. So macht der Film einfach Spaß! Wie aber bereits die Geschichte des jungen Mädchens andeutet, steckt Mr. Thankyou auch voller menschlicher Schicksale: Die arbeitslosen Schausteller, die sich das Busticket nicht leisten können; junge Frauen, die in der Hoffnung auf Arbeit nach Tokyo fahren; der Arzt, der zu spät zu einer Geburt kommt; so entsteht nach und nach das Porträt einer Gesellschaft mitten in der Weltwirtschaftskrise, einer Gesellschaft im Umbruch.

Dass Shimizu dabei auch vor kontroversen Themen nicht zurückschreckt, belegt eine Episode, in der Arigatou-san sich mit einer jungen Koreanerin unterhält, die mit ihrer Familie am Bau der Straße arbeitet, auf welcher sich der Bus durch die Berge windet. Sie beklagt, dass sie immer von einer Baustelle zur nächsten weiterziehen müssen, und keine Chance auf ein richtiges Leben und ein Zuhause haben. Vor dem Hintergrund, dass Korea damals von Japan besetzt war und viele Koreaner in Japan unter unwürdigen Bedingungen niedere Arbeiten verrichten mussten, ist dies eine erstaunliche Kritik an der Politik Japans.

Aber der Film liefert nicht nur ein Porträt von Menschen und der größeren Gesellschaft, in der sie leben. Die Fahrt des Busses führt auch durch die ländlichen Gegenden der Halbinsel Izu, die einerseits vom Meer, glitzernden Sandstränden und in der Sonne schaukelnden Fischerbooten, andererseits von steilen Bergen und engen Tälern geprägt ist. Und Shimizus Kamera zeigt uns immer wieder den Blick der Passagiere aus den Fenstern des Busses auf die vorbei huschende Landschaft, die heute wahrscheinlich längst unter Autobahnen verschwunden ist. So dokumentiert Mr. Thankyou auch das ländliche Japan, wie es zum Anfang des 20. Jahrhunderts, an der Schwelle zur Moderne, aussah.

Alles in allem ein ganz wunderbarer Film voll liebenswerter Charaktere, der zum Nachdenken und zum Lachen gleichermaßen anregt und mit einem überraschenden Ende aufwartet, der erstaunliche Tiefe bietet und einen Blick auf ein Japan, das es schon lange nicht mehr gibt. Absolut zu empfehlen!