Ein gutes Jahr ist es her, dass ich erstmals von den Plänen zu einer umfangreichen DVD-Reihe Japanische Meisterregisseure des österreichischen Labels polyvideo erfuhr, damals über einen Eintrag in einem Filmforum. Da mir die Pläne damals geradezu unglaublich ambitioniert klangen (die Reihe sollte 22 DVDs umfassen, darunter zahlreiche bisher in Europa nicht erhältliche Filme von Yasujiro Ozu) und keine Bestätigung seitens des Labels zu erhalten war – weder auf der Webseite noch auf Nachfrage – habe ich aber zunächst auf Berichte verzichtet.

Dass ich auch seither nicht über die Reihe geschrieben hatte, lag allerdings nicht an gekränkter Eitelkeit, vielmehr wollte ich mir erstmal selbst einen Eindruck von den DVDs machen, bevor ich sie weiterempfehle. Das ist vor ein paar Wochen geschehen, und jetzt wäre ich eigentlich so weit gewesen, die große Werbetrommel zu rühren. Nur ist die Reihe inzwischen eingestellt worden 🙁

Wie der zuständige Mitarbeiter bei polyfilm in einem österreichischen Forum bestätigte, liegt der Grund für die Einstellung in den schlechten Verkaufszahlen, was mich angesichts der eigentlich hochkarätigen Filmreihe und auch der gelungenen Umsetzung (dazu ein andermal mehr) verwunderte. Also hab ich mich direkt an polyfilm gewandt und es ergab sich im Verlauf der letzten Woche ein reger Mail-Austausch mit dem Mitarbeiter, der sehr locker und auskunftsfreudig antwortete.

Offenbar war die ursprüngliche Idee zunächst gewesen, einige Ozu-Filme in den Katalog des Labels aufzunehmen. Im Zuge der Projektplanung entwickelte sich dann die Idee zu der umfangreichen Reihe, zu der neben Ozu noch Filme von Nagisa Oshima, Keisuke Kinoshita und Yoshitaro Nomura gehören sollten und die inzwischen auch erschienen sind. Vor der Fortführung der Reihe mit den Ozu-Filmen traten dann zwar Komplikationen bei den Rechten speziell für zwei der Ozu-Filme auf, wofür sich aber schnell eine Lösung fand, so dass dies kein Hinderungsgrund für die Fortsetzung der Reihe gewesen wäre. Hier kamen vielmehr die wie bereits erwähnt schlecht laufenden Verkäufe ins Spiel, welche das Management alarmierten und schließlich zur Einstellung der Reihe veranlassten. Somit endet diese ausgerechnet mit der 11. DVD, Kinoshitas „Eine japanische Tragödie“, und ohne ihr eigentliches Herzstück, die Ozus.

Nun kann man sich angesichts dieser wahrhaft tragischen Geschichte eines hochambitionierten und bewundernswerten DVD-Projekts die Haare raufen über das Kulturbanausentum der deutschsprachigen Filmkonsumenten und sagen „War ja klar! Was der deutsche Michel nicht kennt, das kauft er nicht“. Aber ich glaube, damit würden wir es uns zu einfach machen. Mein Eindruck aus dem Mail-Austausch war, dass man das auch bei polyvideo so sieht und im Nachhinein das eine oder andere anders entschieden und anders gemacht hätte.

Aber hätte, wäre, wenn, das zählt alles nicht. Und auch wenn ich sehr enttäuscht bin, dass die angekündigten Ozus ausfallen, sehe ich die Sache doch auch positiv: Dank der Reihe sind bereits einige japanische Klassiker in sehr guter Qualität auf den deutschen Markt gekommen, von denen ich das nur in meinen Träumen erhofft hätte! Ich persönlich denke dabei besonders an die fünf Filme Keisuke Kinoshitas, der einige der beliebtesten und erfolgreichsten Filme der japanischen Kinogeschichte schuf und ähnlich wie Mikio Naruse noch in der internationalen Wahrnehmung hinter den großen Drei (Kurosawa, Ozu, Mizoguchi) herhinkt.

Machen wir also aus dieser Tragödie das Beste und freuen uns darüber, dass 11 tolle und seltene Filme den Weg nach Deutschland gefunden haben. Und wenn wir uns ordentlich mit diesen Filmen eindecken und sie weiterempfehlen, können wir vielleicht auch ein kleines bisschen dazu beitragen, dass die Reihe doch irgendwann noch fortgesetzt wird.

via Filmtagebuch