Meine erste Berlinale-Luft habe ich in der vergangenen Woche geschnuppert und die hat Lust auf mehr gemacht! 8 Filme in 4 Tagen, ein recht gemütliches Programm hatte ich mir zurecht gelegt, um genug Freiraum für den einen oder anderen netten Plausch mit in Berlin gestrandeten Freunden zu haben. Meine Einschätzungen zur einen Hälfte der Filme habe ich schon pflichtschuldigst gepostet, die anderen folgen in den nächsten Tagen. Aber auch zur Berlinale selbst möchte ich ein paar Worte verlieren.

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Schön sehen Sie aus, die Eintrittskarten, aber sie zu bekommen war gar nicht so einfach. Die Tickets für die Filme werden nämlich immer erst 3 Tage vor der Vorstellung online buchbar. Für mich als Besucher von außerhalb bedeutete das, dass ich mich über mehrere Tage hinweg jeden Vormittag eine Viertelstunde mit dem Ticketing-System der Berlinale auseinandersetzen durfte, das nicht besonders komfortabel ist – immerhin kenne ich jetzt meine Kreditkartennummer auswendig. Die Idee hinter dieser Zeitverzögerung ist wohl, dass die Entstehung eines Schwarzmarktes unterbunden werden soll. Das mag ja bei begehrten Wettbewerbsfilmen wie True Grit und Konsorten Sinn machen, aber von „meinen“ 8 Vorstellungen war keine einzige auch nur annähernd ausverkauft.

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Kommen wir zu den Festival-Kinos, von denen ich fünf kennenlernen durfte: Das Cinemaxx, das Cubix, das Colosseum, das Cinestar und den Celphi äh, Delphi-Filmpalast. Die ersten drei waren im Großen und Ganzen ok, im Colosseum (Saal 1) war die Leinwand etwas zu klein für die Größe des Saals und im Cubix war der Sound viel zu basslastig. Wirklich beeindruckt hat mich das Cinestar, mit superscharfem Bild und sehr schön ausbalanciertem Sound sowie mit den stylischsten Toiletten die ich je in einem Kino gesehen habe. Siehe das Foto aus dem Inneren einer Herrentoilette oben, wobei die CD allerdings  nicht Bestandteil des Original-Designs war, sondern von einem kreativen und geschmackvollen Geist (also nicht von mir) mit beidseitigem Klebeband hingepappt wurde.

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Mein Lieblingskino ist aber der Delphi-Filmpalast, ein schönes, ehrwürdiges, altes Kino mit Funzellampen im Eingangsbereich und einem herrlichen Kinosaal (natürlich mit Empore), in dem man nur darauf achten muss, sich einen Platz hinter einem möglichst kleingewachsenen Vordermann zu suchen. Die Technik ist top, und vor Beginn der Vorstellung erklingt tatsächlich genau derselbe Gong, den ich aus dem Hamburger Metropolis gewohnt bin! Ich hab mich also gleich ganz wie zuhause gefühlt 🙂

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Enttäuscht war ich jedoch über die fehlende Festivalatmosphäre, in vielen Kinos sah alles nach Business as usual aus (siehe das Cinemaxx oben). Ja, überall hingen Berlinale-Plakate und vor jedem Film gab es die obligatorische Begrüßung des Publikums, die aber ziemlich karg und lieblos ausfiel, so nach dem Schema  „Willkommen auf der Berlinale, wir zeigen jetzt den Film XYZ. Viel Spaß.“ Da kann man mit ein bisschen Charme, Persönlichkeit und emotionaler Ansprache des Publikums deutlich mehr draus machen, selbst wenn man sich nicht den Stress geben mag, Hintergründe zu den Filmen zu recherchieren.

Auch von den Aktivitäten die neben den Vorführungen so liefen hab ich als „normaler“ Kinogänger so gut wie nichts mitbekommen: kulturelle Veranstaltungen, Parties, Gesprächsrunden – wenn es sie gab, musste man wohl danach suchen. Kein Vergleich zu den kleineren Festivals, die ich in den letzten Jahren kennenlernen konnte!

Vielleicht liegt das einfach an der Größe der Berlinale. Wer ein solches Massenpublikum bedient, kann wahrscheinlich gar nicht mehr nette Kamingespräche anbieten, weil der Andrang viel zu groß wäre. Allein bei der Masse an Medienvertretern wird wohl aus jeder Diskussionsrunde mit einem Filmschaffenden gleich eine Pressekonferenz. Verständlich, aber irgendwie auch schade, geht so doch das Besondere an der Festival-Atmosphäre verloren.

PS: Einen wunderschön bebilderten Berlinale-Bericht gibt es bei Fritz.