Original: Mogari no mori (2007), von Naomi Kawase

Als Gewinner des Großen Preises in Cannes dieses Jahr war The Mourning Forest wohl einer der am meisten in den Medien diskutierten japanischen Filme der jüngeren Vergangenheit. Besonders die in dem Film geübte Auseinandersetzung mit Tod, Trauer und dem Alter sowie dem Umgang der Gesellschaft mit alten Menschen wurde auch hierzulande gelobt und hervorgehoben.

Die Geschichte des Films ist schnell erzählt: Die junge Mutter Machiko (Machiko Ono) hat ihr Kind verloren. Sie arbeitet in einem Altenpflegeheim und entwickelt dort eine besonders enge Beziehung zu dem Witwer Shigeki (Shigeki Uda), dessen Trauer um seine jung verstorbene, über alles geliebte Frau im Lauf der Jahre manische Züge angenommen hat. Bei einem Ausflug der beiden bleibt ihr Wagen liegen und sie machen sich zu Fuß auf durch den Wald. Das Ziel ihrer Wanderung ist aber nicht die Rückkehr in das Heim, sondern die Aussöhnung mit der Vergangenheit und den Toten.

Die beiden von ihrer Vergangenheit verfolgten Trauernden entwickeln dabei ein ganz eigenes, inniges Verständnis für den jeweils anderen, das zu Beginn des Films im Pflegeheim noch völlig fehlte. Trotz der Gruppenaktivitäten und gemeinsamer Sitzungen mit einem Priester. Doch all die Gespräche können echtes Mitgefühl und Verständnis, das erst durch die geteilte Trauer im Wald entsteht, nicht ersetzen. So wird dem rauhen, Machiko besonders zu Anfang regelrecht schikanierenden Shigeki in einem einzigen Moment klar, dass Machiko eine ebenso schwere, wenn nicht sogar noch größere Bürde trägt als er. Nun baut er echtes Vertrauen zu ihr auf und wechselt sogar selbst in die Rolle des Trostspenders, des Pflegers.

Auch für den Zuschauer ist dieser Moment von großer Bedeutung, denn wenn Machiko bei der Überquerung eines kleinen Baches plötzlich hysterisch schreiend zusammenbricht, wird uns schlagartig klar, wie sie ihr Kind verlor. Naomi Kawase benötigt keine Worte um das in Machiko wiedererwachte Entsetzen und das Gefühl des Verlusts zu vermitteln. Die Kraft des Moments allein, die schauspielerische Leistung Machiko Onos und die etwas verwackelte Unmittelbarkeit der Handycam genügen, um den Zuschauer ganz in den Bann der Emotionen zu ziehen.

Überhaupt ist dem Film Kawases Herkunft aus der Fotografie anzusehen. Gerade in den Auftaktsequenzen finden sich viele lange Einstellungen von Landschaften, die wunderbar ausgewogen und harmonisch komponiert sind und dennoch mit Spannung geladen. Bemerkenswert auch die erste Rolle von Shigeki Uda, ein Amateur, den Kawase erst am Drehort kennengelernt hatte.

The Mourning Forest ist ein in sich ruhender, aus dem Verhältnis seiner beiden Hauptcharaktere große Kraft beziehender Film, man könnte fast sagen ein sehr japanischer Film. Dass dabei auch der Umgang mit alten Menschen stark thematisiert wird, verleiht ihm jedoch für alle Industriegesellschaften große Brisanz, was die Jury von Cannes wohl nicht unbeeindruckt gelassen hat.