Zu den erstaunlichen Errungenschaften der japanischen Filmindustrie gehört die Fähigkeit, einmal etablierte erfolgreiche Marken mit immer neuen Kniffen und Fortsetzungen finanziell auszuschlachten. Die einzige mir bekannte Filmserie aus dem Westen, der Vergleichbares über lange Jahre hinweg gelang, ist die James Bond-Reihe.

Als James Bond 1962 das erste Mal Jagd auf größenwahnsinnige Verbrecher machte, hatte Godzilla bereits dreimal Tokyo in Schutt und Asche gelegt und damit den Studios gezeigt, dass Erfolg reproduzierbar sein kann. Und wenn Japaner eines können, dann erfolgreiche Dinge adaptieren und noch bis in kleinste Detail perfektionieren. Also ging Godzilla in Serie und nach ihm noch viele andere Monster, Helden und Antihelden. Ein paar der schillerndsten Beispiele haben den Weg auch in dieses Blogpost gefunden. Vorhang auf für:

Doraemon

Erster offizieller „Anime Botschafter“ Japans, basierend auf einer in den späten 60ern erschienenen Manga-Serie, aus der dann zuerst eine TV-Serie und ab 1981 auch eine Filmserie wurde. Es geht um die Roboterkatze Doraemon, die aus dem 22. Jahrhundert von ihrem Besitzer zurückgeschickt wurde, um dessen Ahnen (und damit letztlich auch ihm selbst) zu einem besseren Leben zu verhelfen. Die letzten 5 Folgen der Reihe aus den Jahren 2008, 2007, 2006, 2004 und 2003 erzielten alle um die 25 Mio. US-$ an den japanischen Kinokassen und gehörten zu den Top-20 Filmen der jeweiligen Jahre. Da lässt der nächste natürlich nicht lange auf sich warten:

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=CkDiSQO8apw[/flash]

Tora san

Die bis vor kurzem längste Filmserie der Welt, mit nicht weniger als 48 Teilen. Das Original „Otoko wa tsurai yo“ (in etwa „Ein Mann hats schwer“) von 1969 basierte auf einer kurzen TV-Serie. Die Filme liefen immer nach demselben Muster, demzufolge der sympathische Loser Torajiro sich hoffnungslos verliebt, dann aber dummerweise seine Angebetete mit einem anderen verkuppelt. Die Reihe lief bis 1995 und wird aktuell von Shochiku zum 40. Geburtstag nächstes Jahr groß promotet, speziell auch um das neue Online Filmarchiv des Studios zu pushen. Da die Marke nach wie vor sehr bekannt und geschätzt ist und andere Franchises wie Batman, Bond und demnächst Star Trek es derzeit vormachen, wie man eine etablierte Serie neu startet und re-interpretiert, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass es nicht bei 48 Tora-san Filmen bleibt.

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One Piece

Eine weitere Anime-Adaption einer sehr erfolgreichen Manga- und Animeserie, in der ein Junge der König der Piraten werden möchte und dazu den Schatz One Piece sucht. Die seit 2000 neunmal aufgelegte Filmreihe ist, was ihre Einspielergebnisse angeht, etwas auf dem absteigenden Ast (von 13-14 Mio auf nur noch 6-7 Mio).

Lone Wolf and Cub

Ein Klassiker (im Original „Kozure Okami“), dessen 6 Hauptteile in sehr kurzer Zeit zwischen 1972 und 1974 gedreht wurden und der ebenfalls auf einem Manga basiert. Der Hauptcharakter ist ein in Ungnade gefallener Henker (naja, die japanische Ausgabe davon mit einem Schwert), der sich daraufhin als Auftragskiller durchschlägt und dabei seinen dreijährigen Sohn in einem Kinderwagen vor sich herschiebt. Die Filme wurden bekannt für stilisierte, blutige Kampfszenen, in denen der Henker im Alleingang scharenweise Gegner niedermetzelt. 1980 kam dann noch ein siebter Teil hinzu.

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Zatoichi

Wo wir schonmal bei Gemetzel sind, kommen wir doch zu einem Paradebeispiel dafür, wie es gelingen kann, eine Filmreihe am Leben zu erhalten und auch wiederzubeleben: Die Zatoichi-Reihe, deren Hauptfilme zwischen 1962 und 1973 gedreht wurden (25 Filme in 11 Jahren!), bevor es 1989 ein erstes „Remake“ unter der Regie des Zatoichi-Darstellers Shintaro Katsu und 2003 dann den berühmten Kitano-Zatoichi gab. Die Besonderheiten der ursprünglichen Filme habe ich früher schon zusammengefasst. Mit welcher Radikalität Kitano in seiner Neu-Interpretation dann neue Ideen in den Jidaigeki-Klassiker um den blinden Schwertkämpfer pumpte, zeigt exemplarisch die Schlussszene des Films:

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=U2rkn30Atic[/flash]

Pokemon

Das finanziell erfolgreichste japanische Film-Franchise überhaupt, dessen inzwischen 11 Anime seit dem Start 1999 allein an den japanischen Kinokassen fast eine halbe Milliarde (!!) Dollar eingespielt haben. Der erste Film war zudem mit 85 Mio US-$ Einspielergebnis der erfolgreichste japanische Film aller Zeiten in den USA. Zur Abwechslung entstand die Filmreihe mal nicht auf Basis eines Manga, sondern aus einem Videospiel von Nintendo heraus. Es geht um irgendwelche komischen Mini-Monster, die aberwitzige Abenteuer bestehen müssen. Fragt mich nicht… Neben den ursprünglichen Videospielen und den Filmen gibt es TV-Serien, Manga-Serien, CDs, Büchern, Sammelkrams usw., kurz: Pokemon ist das wohl perfekte Beispiel für die crossmediale Erweiterung und Vermarktung einer Unterhaltungsmarke, und wurde regelrecht zu einem kulturellen Phänomen.

Ausblick

Zwei weitere Manga, die in den letzten Jahren zu Realfilmen verarbeitet wurden, haben großes Potenzial für langfristig erfolgreiche Serien: Always – Sunset on Third Street spielte 2005 noch etwa 25 Mio US-$ ein, die Fortsetzung letztes Jahr bereits über 40 Mio. Und dieses Jahr startete die erste Verfilmung von 20th Century Boys, die, wie viele Mangaverfilmungen, ausgesprochenes Serien-Potenzial in sich birgt.

PS:
Wer noch mehr über Godzilla lesen möchte, kann den Wikipedia-Artikel als Einstieg nehmen. Es gab besonders in den 70ern noch eine Vielzahl von Kleinserien, oft aus dem Exploitation oder Pinku-eiga Genre, in dem ich aber nicht so firm bin. Vielleicht schreibe ich dazu später mal noch mehr.