Archive for Mai, 2007

Das Festival ist vorbei *schnief*, Ruhe kehrt wieder ein im Japankino-Blog. Weit gefehlt! Es gibt noch reichlich zu berichten, zu den Filmen vom Wochenende natürlich und auch ein abschließendes Fazit gilt es noch zu ziehen (das aber überwiegend positiv ausfallen dürfte, soviel ist sicher). Zu Big Bang Love und dem absolut umwerfenden Paprika schreibe ich in den nächsten Tagen noch ausführliche Rezensionen, bei den anderen Filmen reicht es nur zu einigen kurz zusammengefassten Eindrücken.

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Filmfrühstück am Sonntag Vormittag, nach Croissants und Kaffee wurde Wie Ashura gezeigt, in dessen Zentrum vier Schwestern stehen, die erfahren, dass ihr Vater ein Verhältnis hat. Sie wollen die Mutter vor der schmerzenden Erfahrung bewahren, beginnen dabei aber ihre eigenen Beziehungen, Ehemänner und Geliebten zu hinterfragen. Auch der Zusammenhalt der Schwestern untereinander wird immer wieder auf die Probe gestellt. Nachdem ich anfangs die Befürchtung hatte, der Film würde sich in einseitiger Verdammung von Männern erschöpfen, lief es letztlich aber auf eine recht ausgewogene Darstellung der Probleme zwischen Männern und Frauen hinaus – so ausgewogen das bei vier weiblichen Protagonistinnen möglich ist.

Auf ruhige, teilweise auch amüsante Weise zeigt Wie Ashura, dass in der Liebe jeder Schmerzen verursacht, aber auch selbst zu fühlen bekommt. Außerdem ist der Film stilistisch gut umgesetzt, verschiedene Motive tauchen immer wieder auf, wie etwa das Herunterfallen zerbrechlicher Dinge wie Gläser, Vasen oder roher Eier, eine schöne Anspielung auf die Verwundbarkeit liebender Menschen. Der Film basiert übrigens auf einem populären Buch, was die erstaunlich hohe Anzahl japanischer Besucherinnen mit erklären dürfte.

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Kurzbericht zu Vital, einem Film von Shinya Tsukamoto, einem der bekanntesten zeitgenössischen Regisseure Japans. Superstar Tadanobu Asano spielt Hiroshi, der bei einem Autounfall sein Gedächtnis verliert, während seine Freundin Ryoko ums Leben kommt. Mit der Wiederaufnahme seines Medizinstudiums kehren auch immer mehr Erinnerungen zurück. Doch dann hat er eines Tages die Leiche seiner Freundin auf dem Seziertisch vor sich liegen und wird sich bewusst, dass sie aus dem Jenseits zu ihm spricht.

Vital ist auf jeden Fall ein ästhetisch sehr ansprechender Film, der verschiedene Handlungsebenen mit je unterschiedlichen Farben und Formen verbindet und viele schöne Bilder auf die Leinwand wirft. Aber auch wenn das Ende offen sein soll, blieb mir doch zu viel im Unklaren. Welche Bedeutung nimmt etwa die mysteriöse Kommilitonin Ikumi (Kiki, eine alte Bekannte aus The Pavillion Salamandre) ein, die ebenfalls den Tod eines früheren Liebhabers verarbeiten muss, aber gegen Ende des Films komplett in der Versenkung verschwindet? Auf mich wirkt der Film, als ob Regisseur Tsukamoto bei all dem Verwischen von Realität, Jenseits und Erinnerung selbst den Überblick darüber verloren hätte, was er eigentlich bezweckte.

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Ein weiterer Film aus der Kooperation mit dem CO2-Festival Osaka: Coming with my Brother. Die WG-Freundinnen Nao und Saki feiern gerade Naos Geburtstag, als deren Bruder auftaucht. Nao ist zunächst schockiert, als sie entdeckt, dass er sich für ihre Unterwäsche interessiert und sie mit einer versteckten Kamera aufnimmt. Sie fühlt sich aber zunehmend geschmeichelt und gibt ihren eigenen erotischen Gefühlen für ihren Bruder nach. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse, es stellt sich heraus, dass er in Wirklichkeit hinter Saki her ist, während diese Nao ihre Liebe gesteht.

Ein ambitioniertes Thema hat sich Regisseur Kota Yoshida vorgenommen, mit einer interessanten Dreiecksgeschichte unter Einbeziehung aller Spielarten sexueller Anziehung, mit Tabubrüchen, Erwachsenwerden und dem Entdecken der eigenen Sexualität. Doch leider gleitet der Film zu häufig ins Lächerliche ab, das aber nicht so konsequent, als dass er als satirischer Kommentar betrachtet werden könnte. Auch ästhetisch hat er nicht viel mehr zu bieten als eine verwackelte Handkamera, die mal ganz nah dran ist, und dann wieder in die Ferne rückt.

Original: Noriko no shokutaku (2005) von Sion Sono

Als etwa 20 bis 30 Minuten des Films vorüber waren, haben die ersten Zuschauer das Kino verlassen. Der Film nimmt sich nämlich gerade am Anfang sehr viel Zeit, um in die Gedankenwelt der Protagonisten einzutauchen, was überwiegend durch Erzählungen aus der Ich-Perspektive erfolgt. Diese permanente Erzählung aus dem Off wirkte schnell ermüdend, aber wer die Geduld aufbrachte und sich den Film zu Ende ansah, wurde belohnt.

Norikos Dinnertable baut auf Sion Sonos früherem Film Suicide Club auf, erzählt aber nicht eine breitere, auf eine ganze Generation gemünzte Geschichte sondern die einer einzelnen Familie: Noriko (Kazue Fukiishi) ist ein gewöhnlicher Teenager, lebt mit Vater, Mutter und ihrer Schwester Yuka (Yuriko Yoshitaka) in einer Kleinstadt in behüteten Verhältnissen, aus denen sie sehnlichst ausbrechen will. Zunächst flüchtet sie sich ins Internet, wo sie mit ähnlich denkenden Mädchen chattet und Ueno54 (Tsugumi) kennenlernt, mit der sie sich schnell anfreundet. Dieses Mädchen, Noriko nur unter seinem Chat-Pseudonym bekannt, inspiriert Noriko dazu, nach Tokyo auszureißen und Ueno54 persönlich kennenzulernen.

In Tokyo trifft sie ihre Internetbekanntschaft, die im wirklichen Leben Kumiko heisst und eine Agentur leitet, die für Kunden ein glückliches Familienleben simuliert. Auch Noriko wird für die Agentur tätig, nimmt je nach Situation verschiedene Rollen an und vergisst darüber ihre eigene Familie. Als ihre Schwester Yuka ihr nachfolgt und die Mutter sich daraufhin das Leben nimmt, begibt sich der Vater (Ken Mitsuishi) auf den Spuren seiner Töchter nach Tokyo. In einem finalen Treffen werden alle mit ihrem Versagen und ihrer Unzufriedenheit in ihren jeweiligen Rollen konfrontiert, die zerbrochene Familie findet dadurch wieder zusammen.

In dieser kurzen Zusammenfassung mag das alles ganz verständlich und nachvollziehbar klingen, aber der Film ist wirklich hartes Brot! Die Monologe aus dem Off dominieren das erste Drittel des 160 Minuten langen Films fast komplett und durch die verschiedenen Perspektiven der jeweils berichtenden Familienmitglieder ist oft unklar, welcher Version nun „geglaubt“ werden kann. Die Verquickung der Familien-Agentur mit dem Suicide Club und verschiedenen Massenselbstmorden von Teenagern, die undurchsichtige Figur der Kumiko (Ueno54) sowie die unruhige Kamera sorgen für zusätzliche Verwirrung und erschweren es, den roten Faden des Films zu erkennen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn ich Suicide Club gekannt hätte.

Unter dem Strich ist Norikos Dinnertable jedoch eine brillante Analyse der Rollen, die es in einer Familie einzunehmen gilt, und welche Schwierigkeiten Menschen dabei haben, diesen Rollen und ihren Anforderungen zu entsprechen. Durch die Perspektivwechsel werden die Hintergründe, die Motive und die Ziele und Wünsche der Personen immer wieder neu beleuchtet. Die Familienagentur ist letztlich das Vehikel, das es den Protagonisten erlaubt, aus ihren erlernten, festgefahrenen Rollen auszubrechen, ihre Probleme endlich zu verbalisieren und sich darüber auszutauschen und dadurch letztlich die Rolle so auszufüllen, dass sie mit sich selbst und den anderen im Einklang sind. Sehr sehenswert, nicht nur für Studenten der Soziologie und Psychologie!

Original: Strawberry Shortcakes (2006) von Hitoshi Yazaki

Basierend auf dem Manga Sweet Cream and Red Strawberrys von Kiriko Nananan, die im Film selbst die Rolle der Malerin Toko übernimmt, dreht sich Strawberry Shortcakes um das Leben von vier alleinstehenden jungen Frauen in Tokyo, ihre Einsamkeit, Sehnsüchte und ihre vielfältigen Probleme von der Karriere über Männer bis zum Sinn des Lebens.

Die liebenswerte und zuvorkommende, etwas zerstreute Chihiro (Noriko Nakagoshi) geht einem bedeutungslosen Sekretärinnenjob nach und führt eine einseitige Beziehung mit einem Kollegen, der in ihr nicht mehr sieht als ein Mittel zur sexuellen Befriedigung. Sie wünscht sich eine geregelte Beziehung, eine Familie und eine sinnvolle Arbeit. Ihre Mitbewohnerin Toko (Kiriko Nananan) ist selbstständige Malerin und Designerin, leidet unter dem Unverständnis und der Geringschätzung der Menschen gegenüber ihren Bildern, die ihr alles bedeuten, und unter den Wunden einer zerbrochenen Beziehung. Anfangs sind die beiden nur Mitbewohnerinnen, ohne sich groß füreinander zu interessieren, doch langsam entwickelt sich eine enge Freundschaft.

Die immer fröhliche, scheinbar durch nichts unterzukriegende Satoko (Chizuru Ikewaki), die eine traumatische Trennung hinter sich hat und sich nach einer großen, wahren Liebe sehnt, arbeitet als Telefonistin in einer „Agentur“ für Prostituierte. Dort muss sie sich den Avancen des Managers, eines verheirateten Familienvaters, erwehren und freundet sich mit der Prostituierten Akiyo (Yuko Nakamura) an. Akiyo hat einen Hang zum Morbiden (sie schläft in einem Sarg und hat bereits einen Plan für ihren Selbstmord) und führt ein Doppelleben: In ihrem Job tritt sie als stylische Dame auf, privat trägt sie Schlabberjeans, T-Shirts und eine Brille. Dieses Doppelleben setzt sich nahtlos in ihrem Liebesleben fort, das in die Erfüllung der Fantasien und Begierden ihrer Kunden und in ihre Unfähigkeit, Kikuchi (Masanobu Ando), ihrer großen Liebe seit dem College, ihre Gefühle zu offenbaren, zerfällt.

Von den vorgeblichen Schwächen der Vorlage bei der Charakterentwicklung ist im Film jedenfalls nichts, aber auch gar nichts zu spüren. Alle vier Frauen sind vielschichtig und tief angelegt und absolut glaubwürdig dargestellt. Die Kameraführung ist distanziert, immer ruhig und kommt ohne irgendwelche Effekthascherei daher, wodurch ein quasi-dokumentarischer Stil entsteht, der nicht unerheblich zur Glaubwürdigkeit beiträgt. Ohne dass auch nur das kleinste bisschen auf die Tränendrüse gedrückt wird, entsteht sehr schnell Identifikation mit allen vieren, man fühlt mit und möchte irgendwann jede einzeln in den Arm nehmen und gaaanz fest drücken.

Neben der Suche nach Liebe und einer funktionierenden Beziehung thematisiert der Film vor allem aber auch den Umgang der Menschen miteinander allgemein und nicht zuletzt in der Arbeitswelt. Eine der eindrucksvollsten Szenen ergibt sich, als Tokos Auftraggeber eines ihrer Bilder verlieren, aber überhaupt nicht realisieren, was dies für Toko bedeutet. Anschließend sehen wir sie über die Toilette gebeugt, sich mit dem Finger im Mund erbrechend und die Missachtung ihrer Arbeit durch die Menschen verfluchend. Das angesprochene Problem, dass in unserer heutigen Arbeitswelt viel zu viele Menschen überhaupt nicht wissen, was es heisst, etwas zu tun, das einem selbst viel bedeutet und in dem man sich selbst verwirklicht, reicht weit über das Leben junger Frauen in der Großstadt hinaus: Durch mangelnden Respekt und ideellen Bezug zur eigenen Arbeit fehlt die Fähigkeit, Menschen und deren Arbeit zu würdigen und Respekt zu zollen.

Eine weitere, nur wenige Sekunden dauernde Szene zielt in eine allgemeinere Richtung: Chihiro steigt die Treppe zum Dach des Bürogebäudes hinauf, will sich zu ihren dort Pause machenden Kolleginnen gesellen und bringt ihnen Getränke mit. Da hört sie, wie eben diese Kolleginnen darüber lästern, dass Chihiro sich bei den Vorgesetzten durch das Servieren von Getränken einschleime. Die genuine, selbstlose Freundlichkeit von Chihiros Geste wird nicht nur nicht gewürdigt oder verstanden, sondern wird als Berechnung ausgelegt. Die Lästerinnen kommen gar nicht erst auf die Idee, dass Chihiro vielleicht einfach nur nett und freundlich sein will, sondern unterstellen ihr strategisches Denken, gar Böswilligkeit.

So beklagt der Film nicht nur einen Mangel an aufrichtiger Liebe und Zuneigung im Leben junger Menschen, sondern generell eine Enthumanisierung in zwischenmenschlichen Beziehungen und die Reduktion von Beziehungen auf ihre rein funktionalen Elemente. Güte, Verständnis, Aufrichtigkeit, Freundschaft, Ehrlichkeit und Interesse für die Belange der Mitmenschen, all das was ein glückliches Miteinander (nicht nur in einer Liebesbeziehung) ausmacht, sind uns verloren gegangen und müssen schwer erkämpft werden – siehe die nur langsam und mühevoll wachsende Freundschaft von Toko und Chihiro.

Baumkuchen

Original: Baumkuchen (2006) von Kensaku Kakimoto

Der 25jährige Regisseur Kakimoto hat hier ganz tief in die Trickkiste gegriffen, um seinen Plot in verschiedene, nur schwer miteinander in Zusammenhang und Einklang zu bringende Stränge zu unterteilen.

Im Zentrum des Films stehen die drei Kawanobe-Brüder, die in einer schrägen WG zusammenwohnen, mit Vorliebe Baumkuchen essen und gewissermaßen den Stamm des Films bilden. Von jedem der drei zweigen dann weitere Charaktere ab, Freundinnen, Verlobte, Freunde von Freunden. Dazu kommen eine mysteriöse Barbesucherin und der Moderator einer TV-Shopping-Sendung. Auf die eine oder andere Art sind alle miteinander verknüpft, doch dieses Puzzle richtig zusammenzubekommen macht uns Kakimoto so schwer, wie es seinen Charakteren fällt, das Puzzle ihres Lebens zu lösen.

Jeder der drei Brüder muss einen Weg finden, sein Leben, wie er es leben will und wie er mit einer Frau umgehen will, in den Griff zu bekommen. Dabei geht es um Akzeptanz der Eigenarten und Bedürfnisse von Mitmenschen, um Verarbeitung von verpassten Chancen, Selbsterkenntnis, das Springen über den eigenen Schatten und die Frage, was Glück ist.

Um dem Zuschauer das Zusammenfügen der über den Film verstreuten Puzzleteile möglichst zu erschweren, setzt Kakimoto auf eine äußerst unkonventionelle Erzählweise voller räumlicher und zeitlicher Diskontinuitäten, Traumsequenzen und eine Geschichte in der Geschichte, bei der ein Schriftsteller (der Zusammenhang wird erst ganz zum Schluss klar) ein Buch schreibt, dessen Charaktere und Handlungen ebenfalls in die Handlung eingewoben werden.

So, sitze mal wieder nach 3 Filmen in 7 Stunden vor dem Rechner. Viel zu früh, weil ich ja eigentlich noch auf die Party wollte… die ich aber nicht gefunden habe! Nach ca. 45 Minuten herumirren, zweimaligem Nachfragen im 3001 und auf der Straße hab ich dann mit bitter knurrendem Magen aufgegeben und mein Fahrrad gen Heimat gelenkt. Auch meine nachträgliche Suche auf der Festival-Homepage war vergeblich, erst über Google bin ich dann auf die Homepage der ausrichtenden Kneipe gestoßen.

Ich möchte diese ärgerliche kleine Episode zum Anlass nehmen, mal generell auf einige Mängel der Festivalseite hinzuweisen, vielleicht liest ja jemand mit (oder ich ich setze mich irgendwann mal hin und schreibe eine Mail).

Inhaltlich wäre zu verbessern:

  • Google Maps einbinden (für die PARTY oder auch für die jeweiligen Kinos).
  • Links zu den offiziellen Seiten der Filme bzw. Einbindung von Trailern.
  • RSS-Feed bzw. Möglichkeit eines Newsletter-Abos fehlt.

Klare Mängel unter Usability-Gesichtspunkten wären:

  • Die Popups zu den Filmdetails sind ein absolutes Don’t! Popups gehen gar nicht!
  • Die Links zu „Home“ und „News“ führen auf dieselbe Seite.
  • Der Link zum Archiv für 2006 fehlt, das Archiv selbst gibt es aber (einfach in der URl „2005“ durch „2006“ ersetzen).
  • Der Timetable darf nicht nur als jpg-Grafik zum Download vorliegen, sondern muss auf der Seite (z.B. als Tabelle) eingebunden sein.

Fehler in der Darstellung:

  • Überall sind die Texte in Arial und linksbündig, nur im Programm sind sie auf einmal in Times New Roman und zentriert.
  • Der Navigationsbalken ist überall außer unter „Home“ pink, und überall außer unter „Archiv“ reicht er über die gesamte Bildschirmbreite.

Und das sind nur die paar Sachen, die mir bei fünf Minuten Nachdenken und Herumsurfen auf der Seite eingefallen sind.

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Kurzbericht zu Bulgogi – The Yakiniku-Movie, in dem es um zwei koreanische Brüder geht, die es als Kinder auf unterschiedlichen Wegen nach Japan verschlagen hat und die nichts über den jeweils anderen wissen. Der eine, Torao, ist ein mit einer Restaurantkette und eigener TV-Show berühmt gewordener Meisterkoch, der andere, Tatsuji, arbeitet in einem kleinen koreanischen Grillrestaurant unter Anleitung des unumstrittenen Yakiniku-Meisters. Nach dessen Tod fordert Torao Tatsuji zum Duell in seiner Show heraus, es kommt zum finalen Showdown.

Ein ziemlich unterhaltsamer, wenn auch konventioneller Film mit der einen oder anderen witzigen Überraschung, etwa wenn sich ein alter Stammgast aus Tatsujis Kneipe als mächtiger Gangsterboss entpuppt. Schade finde ich, dass die Zubereitung der Speisen überwiegend unter Wettbewerbsaspekten gezeigt wird und dadurch das Genießerische, Spirituelle, das die Faszination von Essen ausmacht und das in einem Film wie Tampopo so exzellent dargestellt wurde, etwas kurz kommt.

Original: Takume, Hareruja (2006) von Yoshiyuki Itakura

Meine erste Rezension eines Films, zu dem es keinen Eintrag bei IMDb gibt! Filmfestivals sind schon was tolles. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich den Film so gesehen habe, wie man ihn hätte sehen sollen, denn es gab bei der Aufführung leider technische Probleme. Möglicherweise fehlt mir ein Stück vom Anfang des Films.

Zunächst bekommt der Zuschauer eine Serie von ineinandergeschnittenen, verfremdeten schwarz-weissen Kriegsbildern zu sehen. Explosionen, Zerstörung, abstürzende Flugzeuge und darüber ein verstörender Soundtrack. Dieser stammt von Hiroto, der allem Anschein nach Soundeditor ist. Plötzlich bekommt er einen Anruf von seinem Onkel, dass seine demente Großmutter – die ihn nach dem Tod seiner Eltern großzog – verschwunden wäre. Als er sie findet, erzählt sie ihm von seiner Schwester Saki, und gleich darauf begegnet Hiroto ein kleines Mädchen dieses Namens, das vor seiner Mutter davonläuft.

Irgendwann wird einem dann klar, dass Hiroto ein Überlebender des Erdbebens von Kobe aus dem Jahr 1995 sein muss, bei dem Tausende ums Leben kamen, darunter wohl auch seine Eltern, und er deshalb bei seiner Großmutter aufwuchs. Aus dieser traumatischen Erfahrung speist sich dann auch seine Idee, dass das Mädchen Saki seine Schwester sei und die beiden gemeinsam ihr verpasstes Familienleben nachholen müssten. Je mehr Widerstände sich ihm dabei in den Weg stellen, um so besessener verteidigt er seine Beziehung zur kleinen Saki.

Dieses Verhältnis nimmt eine sehr interessante Entwicklung: Zunächst scheint es, als würde Hiroto seine „Schwester“ vor einer Rabenmutter beschützen und ihr helfen. Doch je mehr er sich in seine Fantasievorstellungen hineinsteigert, um so mehr zeigt sich, dass Saki viel reifer ist, mit der Situation viel gelassener umgeht. Schließlich kehrt sich das Verhältnis um, Hiroto ist plötzlich auf Saki angewiesen und will sie nicht mehr gehen lassen.

Hate, Halleluja war für mich eine sehr verstörende Erfahrung. Obwohl der Film einen sehr langsamen Rhythmus hat, kaum Dialoge beinhaltet und eigentlich nur zwei oder drei Personen eine wichtige Rolle spielen, wirkte er auf mich sehr verwirrend. Dazu trug bei, dass die Vergangenheit Hirotos mühsam erschlossen werden musste, dass immer wieder verwirrende weil scheinbar zusammenhanglose Schnitte gemacht wurden und dass Hiroto permanent mit Kopfhörern herumläuft und mit Soundeffekten experimentiert. Da zudem oft absichtlich diegetischer und nicht-diegetischer Sound zu verfremdenden Effekten vermischt waren, war oft der Ursprung der zu hörenden Geräusche unklar.

Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass eigentlich alles Sinn macht. Die anfangs gezeigten Bilder von Tod und Zerstörung weisen auf die Konsequenzen des Erdbebens hin, die sich von denen eines Kriegs kaum unterscheiden. Die Kopfhörer sind natürlich ein allgegenwärtiges Symbol von Eskapismus und Verdrängung, das Hiroto immer wieder auch der kleinen Saki aufdrängt. Und das Gefühl der Verwirrung beim Zuschauer spiegelt das wider, was auch in Hiroto vorgeht. Also ein komplexer, wirklich gelungener Film, der zurecht von der Cineastes Organization Osaka gefördert wurde.

Original: Tekkonkinkreet (2006) von Michael Arias

Leider habe ich zu dieser visuellen Achterbahnfahrt keine Screenshots anzubieten, aber auf der offiziellen Website zum Film gibt es ein paar Bilder und natürlich einen Trailer zu bestaunen. Der hebt aber stark auf die Actionelemente ab und lässt die psychologischen Hintergründe und die damit verbundenen psychedelischen Bilderwelten außen vor. Könnte ja potenzielle Kinogänger verstören. Immerhin habe ich noch einen japanischen Originaltrailer bei Youtube aufgestöbert:

[flash]http://youtube.com/watch?v=IWOCf1wNlk0[/flash]

Tekkonkinkreet spielt in Treasure Town, Teil einer größeren, aus einer Vielzahl asiatischer und globaler kultureller Kontexte zusammengesetzen Metropole. Moscheen und buddhistische Tempel finden sich ebenso wie westliche Ikonographien von Hammer und Sichel bis zu 007-Plakaten. In dieser Stadt kämpfen die elternlosen Brüder Shiro und Kuro (japanisch für weiss und schwarz) um das tägliche Überleben und haben sich dabei zwischen Yakuza und Polizei einen gewissen Status und Machtbereich erkämpft.

Diese stabilen Verhältnisse kommen durch die Ankunft eines neuen, von außerirdischen Kämpfern begleiteten Gangsters ins Rutschen. Er spielt die Banden gegeneinander aus, macht Jagd auf Kuro und Shiro und will die Stadt von Grund auf verändern. In ihrem immer verzweifelteren Kampf werden die Brüder schließlich getrennt, woraufhin Kuros dunkle, blutrünstige Seite immer mehr außer Kontrolle gerät.

Die Gegensätzlichkeit von Schwarz und Weiss, die aber zugleich auch aufeinander angewiesen sind, ist ein konstantes Motiv in Tekkonkinkreet. Tag und Nacht, weisse Tauben und Krähen, eine Großaufnahme der Mondsichel mit der im Dunkeln liegenden Seite, ständig werden wir an die unauflösliche Verbindung von schwarz und weiss erinnert. Die Bedeutung des Motivs wird zum Ende des Films erkennbar, wenn klar wird, dass nicht nur Shiro auf den starken Arm seines älteren Bruders Kuro angewiesen ist, sondern dass gerade auch der Ältere die Zuneigung, Freundschaft und Liebe braucht, um sein seelisches Gleichgewicht zu halten und nicht in einem Strudel aus Zerstörung und Selbstvernichtung unterzugehen.

In dieser Phase reisst uns der Film mittels eines Stroms atemberaubender Bilder hinein in Kuros Seele, die gegen überhandnehmende Wut, Hass und Verzweiflung ankämpft. In diesem Kontext erfüllt sich dann auch die eingangs gemachte Aussage, man müsse sich manchmal die Finger verbrennen, um das rätselhafte Innere von etwas zu erkennen.

Eine spannende Geschichte, in der in einer Nebenhandlung um das Verhältnis eines alternden Yakuza zu seinem Protege Loyalität und Freundschaft unter anderen Gesichtspunkten beleuchtet werden, mitreißend und visuell großartig in Szene gesetzt, mit reichlich psychologischer Würze. Mit seinem Regiedebüt ist dem in Japan lebenden Amerikaner Michael Arias ein sehr interessanter, unbedingt zu empfehlender Film gelungen!

Unfassbar, wie tot die Hamburger Innenstadt ist! Wollte heute auf dem Weg vom B-Movie zum Metropolis schnell was Warmes essen, und gleich um die Ecke vom Metropolis am Gänsemarkt gibt es ja nen MacDonalds… nur dass der an Feiertagen geschlossen hat! Ich also weitergewandert zur Dönerbude am U-Bahn-Ausgang Stephansplatz. Auch geschlossen! Was ist das hier? Nordkorea? Hatte dann ein Bier und Erdnüsse im Kino.

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Kurzbericht zu The Pavillion Salamandre, in dem es um die familiären Wirrungen einer Familie geht, welche die Stiftung leitet, die mit dem Schutz von Kinjiro betraut ist, einem 150 Jahre alten Riesensalamander. Die Hauptfiguren sind Azuki, eine der Töchter – gespielt von Yu Kashii, die bereits in Linda, Linda, Linda (letztes Jahr Eröffnungsfilm des Festivals) eine Hauptrolle hatte – und der Röntgenarzt Hoichi (Jo Odagiri). Hoichi soll ursprünglich herausfinden, ob Kinjiro „echt“ ist, verliert dies angesichts der Suche der schönen Azuki nach ihrer verschollenen Mutter aber schnell aus den Augen.

Zum Auftakt des Films erfahren wir in vorgeblich dokumentarischer Manier die Geschichte von Kinjiro, doch die Handlung nimmt schnell die abstrusen und grotesken Züge einer durchgeknallten Komödie an. Viele Szenen besonders zum Ende hin sind offensichtliche Veräppelungen verschiedener Genres (Abenteuerfilme, Krimi) und erinnern in ihrer Sinnfreiheit schon fast an Monty Python. So wandelt sich der Röntgenarzt Hoichi etwa zur Hälfte des Films plötzlich in einen sizilianischen Banditen samt grenzdebilem Gefolge aus Dorftrotteln und entwickelt einen Hang zum Simultanrauchen einer mit jeder Szene steigenden Anzahl von Zigaretten.

Fazit: Ein sehr unterhaltsamer Film, für den man aber einen speziellen Humor benötigt und der mit seinen Groteskerien ein bisschen an Shohei Imamura erinnert (der in seinen Filmen ja auch einem Hang zu Fischen und Amphibien frönt).

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Graffiti, im Vorhof des Metropolis entdeckt:

mohamad

Hat zwar nichts mit japanischem Kino zu tun, ist aber trotzdem genial.