Archive for Juni, 2007

Vom Kauf dieses Buches von Susan Napier, ihres Zeichens Professorin für japanische Kunst und Literatur, hatte ich mir vor allem einen Überblick über die Entwicklung, über Themen, Stile und Genres von Anime versprochen (und natürlich Inspiration für meine DVD-Wunschliste). Da Napier aber nunmal keine Filmhistorikerin ist, musste ich mit dieser Erwartungshaltung zwangsläufig enttäuscht werden. Denn sie wählt eine völlig andere, kulturzentrierte und interpretative Herangehensweise, die mir aber trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb?) hochinteressante Eindrücke ermöglichte, Nachdenkenswertes und Neues vermittelte.

Das Schlussfazit beginnt mit den Worten:

It is impossible to try and sum up the world of Japanese animation. As this book has tried to show, the anime universe is an extremely diverse one and it would be futile to attempt to pigeonhole it into any single categorizing structure.

Auch dies mag enttäuschend klingen und nicht gerade zum Kauf des Buches animieren, doch es ist schlicht und ergreifend die reine Wahrheit. Diese außergewöhnliche Komplexität und die – den Realfilm in den Schatten stellende – Heterogenität und Bandbreite von Anime macht sie Napier zufolge auch zum postmodernen Medium schlechthin:

Indeed, anime may be the perfect medium to capture what is perhaps the overriding issue of our day, the shifting nature of identity in a constantly changing society. With its rapid shifts of narrative pace and its constantly transforming imagery, the animated medium is superbly positioned to illustrate the atmosphere of change permeating not only Japanese society but also all industrialized or industrializing societies.

Der erste große (und umfangreichste) Abschnitt des Buches beschäftigt sich dann auch mit „Body, Metamorphosis, Identity“. Dabei werden anhand von Filmen wie Akira und Ghost in the Shell sowie einigen Serien das Verhältnis von Identität und Körper und wie dieses sich (beispielsweise während der Pubertät) auf einer persönlichen Ebene wandeln kann, Geschlechterrollen und -konflikte sowie Veränderungen im Verhältnis der Geschlechter bis hin zur Krise der Männlichkeit beleuchtet.

Der zweite Abschnitt „Magical Girls and Fantasy Worlds“ thematisiert dann die große Dominanz weiblicher Charaktere und Heldenrollen in Animes und analysiert, welche Veränderungen der Idealtyp „Shojo“ im Verlauf der letzten 20 Jahre erfuhr. Dazu greift Napier vor allem auf die Filme Hayao Miyazakis, aber auch Fernsehserien zurück und zeigt auf, wie zur Idee „Shojo“ im Lauf der Jahre zunehmend dunkle Seiten und verstörende Aspekte hinzukamen.

Im letzten Abschnitt geht es dann um den Umgang mit und die Thematisierung von Geschichte in Animes, illustriert vor allem anhand von Barefoot Gen, Grave of the Fireflies und Prinzessin Mononoke. Von zentraler Bedeutung ist hier (aber auch an anderer Stelle) die oft in Anime vorherrschende apokalyptische Stimmung, Napier zufolge eines der drei den meisten Anime zugrunde liegenden expressiven Konzepte:

  1. Apokalypse. Diese geht weit über die Zerstörung der materiellen Welt (ein Setting, das den Hintergrund vieler Animefilme abgibt) hinaus und umfasst auch spirituelle, persönliche und pathologische Visionen der Apokalypse.
  2. Festival. Napier versteht darunter die Aufhebung oder Umkehrung bestehender Normen (sie verwendet dabei auch den an Bachtin angelehnten Begriff des „Karnevals“), wie sie vor allem in Komödien statt finden.
  3. Elegie. Ein in der japanischen Kultur mit ihrem Bewusstsein für die Vergänglichkeit der Dinge (mono no aware) tief verankertes Motiv. Verlust, sei er persönlicher oder gesellschaftlicher Natur, die daraus resultierende Trauer und der Umgang damit spielen in vielen Anime eine zentrale Rolle.

Keines dieser drei Konzepte bestimmt jedoch Filme oder Serien allein, es handelt sich immer um Mischformen und Überblendungen. Ein wichtiger Grund für die eingangs zitierte Unmöglichkeit, der Animewelt klare Strukturen überzustülpen.

Da ich viele der als Belege und Beispiele angeführten Filme und Serien des Buches (noch) nicht kenne, erlaube ich mir kein endgültiges Urteil. Auf minaidehazukashii kritisiert JP jedoch die Auswahl insbesondere der Mecha-Beispiele im ersten Teil, welche die eigentlich eingeführte Beziehung von Mensch und Körper schwäche sowie den etwas eng gefassten Zeitraum der berücksichtigten Anime. Die Schwächen der ersten Ausgabe bei der Analyse der romantischen Komödien wiederum sieht er durch die neu hinzu gekommene Analyse des sich verändernden Shojo-Typus ausgeglichen.

Mir persönlich fiel eine leichte Tendenz zu Überinterpretationen (so spannend das doch im Einzelfall auch sein mag) auf, die noch dazu oft nicht wirklich – oder zumindest nicht so, wie ich es von Filmtheoretikern gewöhnt bin – anhand von ausführlichen Szenenschilderungen oder Screenshots belegt waren. Auch hatte ich vereinzelt den Eindruck, dass nicht ins Konzept passende Zusammenhänge ausgeblendet werden. Bei der Analyse von Prinzessin Mononoke wurde etwa auf Ashitaka und seine von Nausicaä übernommene Mittlerrolle überhaupt nicht eingegangen, sondern allein auf die weiblichen Charaktere abgehoben, was natürlich im Sinne der These ist, dass Anime generell vor allem Frauenrollen zur Auseinandersetzung mit sich wandelnden Identitäten und Rollenmustern heranziehen.

Davon abgesehen bietet Susan Napiers Buch eine erfrischende, hochinteressante Perspektive auf Anime und hat mir mal wieder vor Augen geführt, wie wenig ich bisher immer noch von Anime weiß und wieviel es noch zu entdecken gibt. Wer mal einen anderen Blick auf seine geliebten Filme werfen und sich auch auf akademischem Niveau mit Anime auseinander setzen will, wird an Anime from Akira to Howl’s Moving Castle kaum vorbeikommen.

Original: Hōhokekyo tonari no Yamada-kun (1999) von Isao Takahata

Mit diesem Film begann im Studio Ghibli das digitale Zeitalter, es ist der erste des berühmten Animationsstudios, der komplett ohne die analog bemalten Cels auskam. Doch wer jetzt eine überschwängliche 3D-Welt erwartet, wird komplett enttäuscht: My Neighbors the Yamadas ist im Stil einfacher Wasserfarben- Skizzen gehalten und erinnert fast ein bisschen an ein Storyboard.

Yamada-kun Screenshot1

Zu Beginn werden uns die Mitglieder der Familie Yamada vorgestellt, mit deren Leben und Zusammenleben sich der Film in einer Reihe von Episoden beschäftigt: Die Eltern Matsuko und Takashi, die Tochter Nonoko und der Sohn Noboru sowie Oma Shige. Eine durchgehende Handlung ist nicht vorhanden, vielmehr werden in einzelnen Szenen aus dem Alltag die Tücken des Ehe- und Familienlebens aber auch seine schönen Seiten thematisiert.

Die meisten der Episoden sind herrlich komisch, etwa wenn Matsuko und Takashi in einem „Fechtkampf“ mit Fernbedienung und Zeitung austragen, wer das Fernsehprogramm bestimmt, oder wenn Shige und ihr Sohn über Haus und Grundstück streiten und plötzlich Enkel Noboru ein „Was streitet ihr euch, am Ende gehört sowieso alles mir“ dazwischenwirft. Viele der Szenen dienen aber auch dazu, die Charaktere zu beleuchten, hintergründige Alltagsweisheiten zu vermitteln oder zum Nachdenken anzuregen. In diesen Fällen steht am Ende der Episode ab und an ein Haiku von großen Meistern wie Basho oder Buson und eine leichte Melancholie liegt in der Luft.

Yamada-kun Screenshot2

Das wunderbare an My Neighbors the Yamadas sind die liebenswert chaotischen, schrägen Personen, in denen sich jeder ein Stück weit wiedererkennt und mit denen die Identifikation deshalb sehr leicht fällt, sowie seine Allgemeingültigkeit. Abgesehen von ganz wenigen Szenen, in denen spezifisch japanische Traditionen im Mittelpunkt stehen (aus dem Stehgreif fällt mir da jetzt nur ein, wie Takashi einen neuen Rekord im Verteilen der Neujahrskarten aufstellt), ist jeder Zuschauer mit den Situationen vertraut. Sei es aus seiner eigenen Jugend wie im Falle Noborus (Schulstress, erste Liebe), dem Arbeitsleben Takashis oder der eigenen Familie: Die kleinen, alltäglichen Reibereien im Zusammenleben von Mann und Frau, Eltern und Kindern. Diese werden immer originell und ohne Partei zu beziehen dargestellt.

Regisseur Takahata, Schöpfer des unvergesslichen Hotaru no haka, zelebriert hier regelrecht die Freuden aber auch Merkwürdigkeiten des Familienlebens und geht damit auf die Familienmüdigkeit vieler – gerade junger – Menschen ein und führt ihnen gleichzeitig eine andere Perspektive auf die Familie vor Augen. Mit dieser Thematik und der ungewöhnlichen Ästhetik des Films stellt er eindrucksvoll seine außergewöhnliche Vielseitigkeit unter Beweis. Ein wunderschöner, unterhaltsamer Film voller kleiner Wahrheiten, wahrhaftig ein Film für die ganze Familie, der seine ganzen Magie aber wohl nur in der japanischen Originalversion entfalten kann.

Auf meiner Suche nach den besten japanischen Filmen war das renommierte Filmmagazin Kinema Junpo eine der ersten Anlaufstellen. Das 1917 erstmals erschienene Magazin stellt seit Jahrzehnten jedes Jahr eine Liste der zehn besten Filme zusammen. Diese konnte ich aber nirgends in einer mir verständlichen Fassung auftreiben (über Hinweise würde ich mich sehr freuen).

Gefunden habe ich aber die Liste der jeweils besten Filme der Jahre seit 1927, zu der ich die internationalen Titel und das User-Rating von IMDb hinzugefügt habe. Dieses Rating ist aber mit Vorsicht zu genießen, da manche der Filme nur sehr wenige oder gar keine Stimmen erhalten haben, was das Rating teilweise stark verzerrt.

Auf jeden Fall ist aber interessant zu sehen, dass sich in der Liste eine ganze Reihe Filme finden, die kaum bekannt sind. Dafür fehlen einige der bekanntesten Klassiker der großen Meister Kurosawa, Ozu und Mizoguchi: Die Sieben Samurai, Tokyo Story und Ugetsu sucht man vergebens. Statt dessen tummeln sich Komödien wie Being two isn’t easy oder A taxing woman, der in Japan sehr erfolgreich war aber im Ausland wohl kaum bekannt sein dürfte. Es scheint also, als gäbe es einiges Neues zu entdecken, die Liste bietet dazu zumindest einen guten Ansatzpunkt.

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Original: Gojira tai Megaro (1973) von Jun Fukuda

Vielleicht kennst du das auch: Das Fehlen von Gegensätzen, das es erschwert, den Wert der Dinge zu erkennen und zu schätzen. Wenn man beginnt, etwas als selbstverständlich zu betrachten. Das ist besonders gefährlich, weil man dann mangels eines Vergleichs mit der gegensätzlichen Erfahrung, der Enttäuschung, das Gute in Frage stellt. Wie etwa bei guten Filmen. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten so viele gute japanische Filme gesehen (nicht zuletzt durch das japanische Filmfestival), dass ich mich gefragt habe: Sind die denn wirklich so gut? Ich konnte mir schon gar nicht mehr vorstellen, dass es schlechte japanische Filme geben könnte. Da kam Megalon vs. Godzilla gerade recht.

Auf die Spezialeffekte will ich gar nicht weiter eingehen, die Gummikostüme in diesen Katastrophen- und Monsterfilmen dürfte jeder kennen. Die Handlung ist so abstrus und voll grotesker Unlogik, dass es schon wieder komisch ist, wenn man seine intellektuelle Schmerzgrenze entsprechend hochsetzt: Megalon, ein Riesenkäfer-Monster, soll für eine unter dem Meeresboden lebende Zivilisation die Menschheit vernichten. Angeleitet wird Megalon dabei von dem gekaperten Roboter Jet Jaguar, der aber von seinem Erfinder reprogrammiert werden kann, danach Godzilla zu Hilfe ruft und sich mal eben auf Monstergröße aufpumpt, um selbst in den Kampf der Giganten (Gigan aus der Galaxie M1 stößt auch noch zum lustigen Monsterkloppen) einzugreifen. Alter Schwede!

Nachdem zwischendurch einige Pappmaché-Bauten zerstört, Plastikpanzer geschmolzen und Bäume ausgerissen wurden, kommt es zum Showdown. In bester Catcher-Manier prügeln die Monster aufeinander ein, Jet Jaguar hält Gigan im Schwitzkasten, Godzilla verteilt munter Kopfnüsse und springt mit beiden Beinen voran Megalon in die Familienjuwelen bis der genug hat und jaulend in seiner Erdspalte verschwindet. Godzilla verabschiedet sich winkend und kehrt zurück zu seiner Finca auf Monster Island. Ach ja, und Jet Jaguar schrumpft wieder auf Normalmaß, damit sein Erfinder ihm in der Schlussszene einen lachenden Jungen auf die Schultern setzen kann.

Der Lassie-Gedächtnisaward geht an die Szene, in der Jet Jaguar Godzilla auf dessen Insel trifft, ein paar Pieplaute von sich gibt und wild mit den Armen herumfuchtelt, woraufhin Godzilla verständnisvoll nickt und sich aufmacht, die Menschheit zu retten. Köstlich! Der Film könnte wirklich witzig sein, wenn er nicht so bierernst daher käme und die Schauspieler Grimassenschneider mal ihre Gesichtsmuskulatur entspannen würden. So ist er einfach nur schlecht.

Der einzig interessante Aspekt ist die naiv-positive Einstellung, Technologie (in Form des Roboters) ließe sich problemlos kontrollieren und würde immer der Menschheit dienen. Faszinierend, welcher Einstellungswandel sich in dieser Hinsicht vollzogen hat.

Ein buntes Allerlei an interessanten Links hat sich in den letzten Tagen angesammelt, die muss ich jetzt mal loswerden.

Ponyo on a cliff - Produktionsskizze


Wie ich gerade zufällig entdeckt habe, starb kürzlich – am 23. Mai – der Regisseur Kei Kumai im Alter von 76 Jahren. Er galt in den 1960er und 70er Jahren als eines der größten Regietalente seines Landes und erhielt zahlreiche Preise. Obwohl im Westen eher weniger bekannt, dürfte er gerade Deutschland verbunden gewesen sein, wurden doch sechs seiner 19 Filme für den goldenen Bären nominiert, für The Sea and Poison erhielt er 1987 den Spezialpreis der Jury. Sandakan 8 mit Kinuyo Tanaka, der als einer seiner besten Filme gilt, wurde 1975 für den Oscar nominiert.

In einem Nachruf im Guardian schreibt Alexander Jacoby über Kumai:

Yet he was neglected abroad, perhaps because he eschewed the fashionable experimentation of such New Wave contemporaries as Nagisa Oshima. Instead, he adopted a style of powerful simplicity, charting controversial themes with rare directness.

Einen weiteren Nachruf kann man in der New York Times nachlesen. Außerdem gibt es beim Shomingeki-Magazin ein Interview zu seinem Film Fukai kawa von 1995 (Achtung, dort ein gutes Stück nach unten scrollen, dann kommt erst das Interview).

Original: Hadaka no shima (1960) von Kaneto Shindo

Regisseur Shindo und sein (kleines) Team unabhängiger Filmemacher wollten von Anfang an einen außergewöhnlichen Film schaffen, und das ist ihnen gelungen. Die nackte Insel kommt völlig ohne Dialoge aus und lässt statt dessen die großartigen Bilder sowie die einfühlsame Musik Hikaru Hayashis sprechen.

Der Film schildert in drei Akten das harte Leben einer vierköpfigen Familie auf einer winzigen Insel, die so unwirtlich ist, dass sogar das Süßwasser aufwändig von der nächstgrößeren Insel per Boot herangeschafft werden muss. Und so besteht der typische Tagesablauf, den wir im ersten Akt gezeigt bekommen, fast ausschließlich aus dem Transport von Wasser: Das Füllen der Eimer an der Quelle, das Tragen der Eimer zum Boot, die Überfahrt zur Insel, das Tragen der Eimer hinauf auf die steilen Felder und das Bewässern der Pflanzen werden in langen Einstellungen immer wieder gezeigt.

Naked Island Screenshot1

Obwohl bestimmt die Hälfte des Films dem Transport des Wassers gewidmet ist, kommt nie Langeweile auf. Denn mittels Perspektivwechseln, Schnitten und Bildkomposition gelingt es Shindo, die harte, sich immer wieder gleich abspielende Arbeit auf eine fesselnde Art und Weise darzustellen: Wenn die Mutter (Nobuko Otowa), schwer beladen mit zwei riesigen Eimern ihrer wertvollen Fracht, den schmalen Trampelpfad hinaufsteigt, dabei jederzeit umzuknicken oder zu stolpern droht, entsteht eine ganz eigene Spannung.

Naked Island Screenshot2

Zwischen die Szenen vom beschwerlichen Transport des Wassers schneidet Shindo außerdem immer wieder Bilder vom Bewässern der Pflanzen auf den Feldern: Mit großer Konzentration und Sorgfalt erhält jede einzelne Pflanze etwas Wasser, das sogleich in der ausgetrockneten Erde versickert. Schnitt zur Mutter, die schweißbedeckt schwankenden Schrittes das Wasser den Berg hinaufträgt. Schnitt zum im Erdboden versickernden Wasser, usw.

Naked Island Screenshot3

Im zweiten Abschnitt werden die Jahreszeiten mit ihren je verschiedenen Arbeiten (bearbeiten des Bodens, säen, ernten) gezeigt und wie die beiden Jungen einen großen Fisch fangen, was zu Szenen der Freude und des Familienglücks einschließlich eines Ausflugs in die nächstgrößere Stadt führt. Die damit verbundene Entspannung und Auflockerung bereitet dann den dramatischen dritten Teil vor, in dem einer der beiden Söhne stirbt, was die Mutter an den Rand der Selbstaufgabe und der Verzweiflung treibt.

Die Bedeutung der Arbeit als sinnstiftendes, spirituelles Element herauszuarbeiten, das der Mensch zum Leben braucht wie die Pflanzen das Wasser, war eines der Ziele Shindos (dies und mehr berichtet er im Audiokommentar der exzellenten Eureka-DVD). Trotz der Mühsal, der scheinbaren Sinnlosigkeit des immer gleichen Tragen des Wassers, das dann in der Erde versickert, entsteht aber nie der Eindruck des Leidens oder der Unzufriedenheit. Da Shindo die unter der Last der Eimer gebeugten oder beim Rudern schwitzenden Körper der Eltern immer wieder gegen den Himmel zeigt, wird die nicht endenwollende Plackerei so um ein Element der Leichtigkeit, ja der Erhabenheit ergänzt.

Naked Island Screenshot4

Zur Stimmung des Films trägt ganz entscheidend Hikaru Hayashis unvergessliche Musik bei. Manchmal melancholisch angehaucht, manchmal fast mediterran-beschwingt, begleitet sie mit an Wellen erinnernden Gitarren- und Klavierakkorden die Personen und ihre Gefühle oder kündigt bedeutungsschwanger die dramatische Zuspitzung am Ende an. Mir fällt kein anderer Film ein, in dem Musik und Bilder eine so ausgewogene, perfekte Symbiose eingehen.

Die Einfachheit, der Verzicht auf jeglichen Dialog, die an Tages- und Jahreszeitenverlauf orientierte Struktur und die Verwendung von schwarzweiß-Film verleihen dem Film einen hohen Grad an Abstraktion und Zeitlosigkeit. Die ganz im Mittelpunkt stehende Arbeit, und zwar die universellste Arbeit schlechthin, nämlich die auf dem Feld, zur Sicherstellung der eigenen Ernährung, und ihre spirituelle Bedeutung wird so unabhängig von Kultur und eigener Lebenswelt greifbar. Wahrhaftig ein Film für die Ewigkeit!

Erstmal ein dickes Dankeschön an alle, die ihre drei Lieblingsfilme genannt haben und damit an der Verlosung teilgenommen haben! Sieben Teilnehmer, viele gute und bekannte Filme und vielleicht auch der eine oder andere Geheimtipp – so hatte ich mir das vorgestellt.

Jetzt aber genug der Worte, machen wir Butter bei die Fische: Da Bjoern und Marcel ihre Listen außer Konkurrenz einbrachten, blieben noch 5 Lose, und gewonnen hat – tataaa! – orcival! Glückwunsch! 😀

Durch die von euch in den Kommentaren genannten Filme bin ich natürlich auch ins Grübeln gekommen welche denn eigentlich meine Lieblingsfilme sind und habe angefangen, nach Rankings der besten japanischen Filme zu suchen… mit sehr bescheidenem Erfolg bisher. Deshalb möchte ich jetzt selbst eine solche Liste zusammenstellen, in die dann auch eure Favoriten eingehen werden.

Bisher habe ich eigentlich nur bei Listsofthebest ein wirklich gutes und umfassendes Ranking gefunden, in dem japanische Filme zwar nur eine Nebenrolle spielen, das aber immerhin einen guten Eindruck der westlichen Perspektive gibt. Falls von euch noch jemand irgendeine Quelle kennt, insbesondere eine japanische Liste, wäre das super!