Archive for the ‘Festivals’ Category

Gerade von Knut erfahren: Das Programm der Erlanger Stummfilmmusiktage vom 24. bis 27. Januar 2008 enthält auch zwei Perlen des klassischen japanischen Films, nämlich Mikio Naruses Nacht der Träume von 1933 sowie Das Mädchen Sumiko von Shigeyoshi Suzuki aus dem Jahr 1930. Parallel läuft wohl auch eine Ausstellung zu japanischen Stummfilmdiven und einen einführenden Vortrag zum japanischen Stummfilm gibt es zudem noch. Spannend! Außerdem im Programm sind Klassiker von Buster Keaton und Murnau.

Gerade die beiden frühen Naruses, die ich bisher gesehen habe, waren hochinteressant und rückten den Regisseur für mich in ein etwas anderes Licht als ich es von seinen Filmen der 1950er gewohnt war. Da wäre ich natürlich brennend daran interessiert, ein weiteres Frühwerk sehen zu können, und dann auch noch mit Live-Musik… traumhaft! Kann ich jedem nur empfehlen, ich muss leider passen, nach Erlangen ist es dann doch ein ganz schönes Stück.

The Rebirth

Original: Ai no yokan (2007), von Masahiro Kobayashi

Filmfestivals sind schon was tolles. Nicht nur, dass man Filme auf der großen Leinwand zu sehen bekommt, die es sonst nie in ein deutsches Kino schaffen würden. Die Atmosphäre, das Drumherum ist ein wesentlicher Bestandteil. Das macht sich besonders bemerkbar, wenn etwas mal nicht so funktioniert wie es soll. Wenn die Zuschauer 15 Minuten nach dem geplanten Vorstellungsbeginn immer noch vor dem Kinosaal stehen, und anwesende Journalisten sich mal so richtig über das Ticket-Chaos auskotzen. Und wenn schließlich alle in ihren Sesseln sitzen und sich ein bisschen beruhigt haben, und dann dieser kleine, ältere Herr aus Japan namens Kobayashi, ein St.Pauli-Cap auf dem Kopf, die Zuschauer bittet, ihren Sitznachbarn während des Films bitte nur dann aufzuwecken, wenn dieser schnarchen sollte. Unbezahlbar!

The Rebirth lädt in der Tat zum Einschlafen ein, ist aber nichtsdestotrotz großartig. Dieser Widerspruch hängt mit dem Konzept von des Films zusammen: Kobayashi schildert anhand ständiger Wiederholung alltäglicher Situationen die angespannte Beziehung zwischen zwei Menschen; einem Vater (von Regisseur und Drehbuchautor Kobayashi selbst gespielt), dessen Tochter von einer Mitschülerin getötet wurde, und der Mutter (Makiko Watanabe) der Täterin.

Beide verlassen nach der Tat Tokyo, um in der Abgeschiedenheit Hokkaidos ihre Wunden heilen zu lassen. Er will den Verlust durch harte körperliche Arbeit verwinden und hat in einem Stahlwerk angeheuert. Sie ist Köchin in einem Arbeiterwohnheim, jenem Wohnheim, in dem er untergekommen ist. Nun sehen wir immer und immer wieder, wie er mit seinen Kollegen zu Schichtbeginn seine Handschuhe aus dem Halter nimmt, wie sie Kartoffeln schält, wie er sein Essenstablett abholt und sie die Essensreste wegräumt. Dabei fällt für anderthalb Stunden kein einziges Wort!

Dass einem da die Augenlider schwer werden können, ist also nicht verwunderlich. Aber schnell erkennt man in den Wiederholungen Muster. Besonders die Mahlzeiten des Mannes und der Gang der Frau zum benachbarten Supermarkt werden zu besonders zelebrierten Ritualen: Die Bewegungen, die Abfolge, die Geräusche, sogar die Fahrten der Kamera sind immer dieselben. Doch dann konfrontiert er sie ein erstes Mal, obwohl er zu Beginn des Films in einer kurzen Interviewszene noch gesagt hatte, er könne niemals der Mutter der Täterin gegenübertreten. Und von nun an beginnt ein Prozess schleichender Veränderungen: Sie schlurft irgendwann nicht mehr auf dem Nachhauseweg, sondern geht aufrecht. Er isst nicht mehr nur Reis mit Ei, sondern auch ein Spiegelei und Salat.

Man muss Kobayashi wirklich bewundern. Für den Mut, einen solchen bis ins Extrem minimalistischen, reduktionistischen Film zu drehen, aber auch für das Gespür, mit dem er die Situationen aufzeichnet, aneinanderreiht, strukturiert und damit letztlich aus dem Nichts heraus Erwartungen und Spannung erzeugt. Wie er aufzeigt, dass die beiden für den Rest ihres Lebens aneinander gekettet sind, ob sie dies wollen oder nicht. Und dass es die Akzeptanz dieser Situation ist, nicht die in der – mit reichlich Jump-Cuts durchbrochenen – Interviewszene am Anfang gezeigte Ablehnung, die den einzigen Ausweg darstellt.

Der japanische Titel des Films bedeutet (wenn ich mich nicht irre) etwa „Vorahnung der Liebe“, hat also mit „Wiedergeburt“ recht wenig zu tun. Doch finde ich in diesem Fall den internationalen Titel recht gut gewählt, stimmt er doch eher auf den schwer verdaulichen Film ein als eine direkte Übersetzung, die womöglich eine Schnulze erwarten ließe. Denn davon ist The Rebirth, dieser hochgradig ungewöhnliche und sehenswerte Film, soweit entfernt wie NGC 3982 von der Erde!

~~~ Nachtrag ~~~

Zwei Jahre hat es gedauert, jetzt erscheint der Film in den USA auf DVD.

Diese Woche beginnt das Filmfest Hamburg, das mich letztes Jahr ziemlich enttäuscht hatte: Es war kein einziger japanischer Film im Programm gewesen! So gesehen konnte es dieses Jahr nur besser werden, und die Festivalverantwortlichen haben sich meine Kritik offenbar hinter die Ohren geschrieben, denn dieses Mal laufen immerhin fünf Beiträge aus Japan. 🙂

Darunter findet sich mit Naomi Kawases in Cannes ausgezeichnetem The Mourning Forest echte Prominenz. Auch Masahiro Kobayashis Beitrag The Rebirth war schon erfolgreich auf Festivals unterwegs und hat den Goldenen Leoparden aus Locarno im Gepäck. Die beiden sind auf jeden Fall Pflichttermine, aber auch die anderen Filme klingen sehr interessant.

Hier alle Filme und Termine im Überblick:

Aria
28.09., 19.00 Uhr – Kino 3001

Hula Girls
30.09., 17.00 Uhr – Kino 3001
02.10., 22.00 Uhr – Metropolis

Lost in Tokyo
29.09., 22.00 Uhr – Kino 3001

The Mourning Forest
03.10., 17.00 Uhr – Abaton Kino
04.10., 21.30 Uhr – Kino 3001

The Rebirth
29.09., 19.00 Uhr – Metropolis
01.10., 21.00 Uhr – Kino 3001

Alle Termine finden sich übrigens auch im abonnierbaren Japankino-Kalender:

Das Nippon Connection Festival in Frankfurt, über das ich hier wohl nicht mehr viele Worte verlieren muss, sucht für seine achte Ausgabe vom 2. bis 6. April 2008 noch Mitarbeiter in durchaus interessanten Tätigkeitsfeldern:

Wegen des steigenden Arbeitsaufwands suchen wir dringend tatkräftige (ehrenamtliche) Verstärkung für unser Team, vor allem in folgenden Bereichen:

  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
  • Kulturelles Rahmenprogramm
  • Organisation der Gästebetreuung
  • Bar/Gastronomie
  • Helferkoordination

Wer Interesse hat und über organisatorisches Talent, Zuverlässigkeit, Belastbarkeit und Verantwortungsbewusstein – die obligatorische Teamfähigkeit natürlich nicht zu vergessen – verfügt, ist eingeladen, an einem Info-Treffen am 8. September im Studierendenhaus in Frankfurt-Bockenheim teilzunehmen.

Interessanterweise ist ausgerechnet die Begeisterung für Japan und japanische Filme kein Muss! Naja, ich bin auch ein bisserl weit weg und Zeit werde ich sowieso keine haben, ich nehme dir den Job also ganz bestimmt nicht weg, auch wenn mich die Mitarbeit bei einem so renommierten Festival schon seeehr reizen würde… 🙂

Das Fantasy Filmfest macht sich dieser Tage wieder auf die Reise durch die Republik und bringt im Gepäck auch eine Reihe japanischer Filme nach München, Berlin, Hamburg, Stuttgart, Köln, Frankfurt, Nürnberg und Bochum. Im Einzelnen sind dies:

Insbesondere die letzten beiden hab ich mir schon fest in den Kalender eingetragen, bin doch sehr gespannt, wie sich der Sohnemann vom großen Hayao Miyazaki bei seinem Debut so schlägt. Und Paprika hab ich zwar schon gesehen, aber der ist so genial, dass ich mir die Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lasse, den nochmal auf der großen Leinwand zu sehen. Werde auch so viele Freunde und Bekannte wie möglich mitschleppen! 🙂

Bereits seit ein paar Tagen (und noch bis 8. August) läuft im Kino Filmkunst66 das Asia Filmfest, bei dem japanische Filme einen stattlichen Teil ausmachen. Gezeigt werden aktuelle Filme wie Unholy Women, Takeshis, Nightmare Detective oder Vital, aber auch Klassiker aus der Lone Wolf and Cub und Zatoichi-Reihe. Auch andere interessante Filmländer wie Südkorea, China und Indien sind mit zahlreichen Beiträgen vertreten. Eine komplette Übersicht des Spielplans gibt es dankenswerterweise beim Affenheimtheater als pdf-Download.

Einige Wochen später gehen die Asia-Filmwochen in Berlin voraussichtlich mit dem Asia-Pacific Film Festival weiter, auch wenn auf der dortigen Homepage noch keinerlei Infos zu erhalten sind. Habe mal an die Veranstalter geschrieben, vielleicht gibt es bald mehr zu berichten. Es ist wirklich immer das Gleiche, die Webseiten werden von den kleinen Festivals völlig vernachlässigt, obwohl sie eigentlich den einfachsten Weg darstellen, Informationen zu verbreiten.

Die Nippon Connection liegt schon ein paar Monate zurück, jetzt hat Stefan auf Page of Madness mit etwas Verspätung seine lange angekündigten Fotos zum Festival nachgereicht. Außerdem verweist er gleich auch noch auf eine exzellente Diashow bei flickr mit Myriaden von Bildern. Auch wenn [in der Dia-Show, Stefan hat inzwischen einige Kommentare zu seinen Bildern eingefügt] leider nirgends ersichtlich ist, wer oder was auf den Fotos zu sehen ist, trotzdem: Ankucken!

Gut Ding will manchmal einfach Weile haben, so auch dieses Fazit zum seit immerhin fünf Tagen beendeten 8. Japanischen Filmfestival Hamburg. Die Kurzfassung vorneweg: Die Filme fand ich sehr gut ausgewählt, aber am Drumherum gibt es noch einiges zu verbessern.

Das Programm bot ein breites und ausgewogenes Spektrum an Genres und Themen, neben Filmen etablierter Größen wie Takashi Miike gab es absolute Newcomer zu sehen (es bleibt zu hoffen, dass hier die Kooperation mit dem CO2-Festival weiter vertieft wird) und auch zwei ausgezeichnete Anime waren im Programm. Dafür ein großes Lob an die Macher, weiter so! Von den 16 (oder 17? – ich weiss schon gar nicht mehr) Filmen die ich gesehen habe, würde ich keinen einzigen als schlecht bezeichnen. Vielleicht habe ich auch einfach ein glückliches Händchen bei der Auswahl gehabt, aber ich habe durch die Bank gute und auf die eine oder andere Art interessante Filme gesehen.

Deshalb fällt es mir jetzt auch schwer, ein Ranking zu erstellen, aber in einem Fazit muss das natürlich sein! Also, hier die Gewinner des Japankino-Publikumspreises 😉

  1. Strawberry Shortcakes
  2. Paprika
  3. Norikos Dinnertable

Der erste Platz geht an Strawberry Shortcakes, weil er wie kein anderer einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat, und zwar ausschließlich auf Grund seiner Charaktere, nicht wegen irgendwelcher schön in Szene gesetzter Bilder. Auf dem zweiten Platz folgt Paprika, der wirklich ein würdiger Abschluss des Festivals war und mit seiner unbändigen Energie jeden mitreißen dürfte, und danach Norikos Dinnertable (aber nur ganz ganz knapp vor Baumkuchen), der für mich die Überraschung des Festivals war: In der ersten halben Stunde war nicht im geringsten absehbar, was das alles soll und worauf dieser Film hinauslaufen würde, Leute verließen das Kino, und dann entwickelt sich aus diesen Bruchstücken ein ganz vorzüglicher – wenn auch schwer zugänglicher – Film… bemerkenswert!

Mein Eindruck war dann auch, dass die meisten Filme gut besucht waren und die wenigen Ausnahmen (ein halbes Dutzend Leuten bei Kurzfilmen völlig unbekannter Nachwuchstalente) sind absolut nachvollziehbar. Etwas gewundert hat mich jedoch die vergleichsweis geringe Besucherzahl bei den beiden Animes Paprika und Tekkonkinreet, da hatte ich angesichts der inzwischen doch zahlreichen Anime-Fans mit vollen Kinosälen gerechnet. Vielleicht liegt in diesen eher enttäuschenden Zuschauerzahlen auch der Grund, warum nur zwei Animes gezeigt wurden, obwohl ja fast die Hälfte aller in Japan produzierten Filme Animes sind.

Eine sehr schöne Idee war das sonntägliche Filmfrühstück, auch wenn dabei leider kaum über die Filme gesprochen wurde. Damit komme ich dann auch zu etwas, was mir sehr gefehlt hat, nämlich die Möglichkeit, sich über die Filme auszutauschen. Gerade im Metropolis, das mit seinem Cafe einen exzellenten Rahmen für ein Diskussionsforum, für Gespräche nach den Filmen bietet, müsste das eigentlich machbar sein. Generell ist beim Rahmenprogramm auch für Gelegenheitsbesucher noch viel Luft nach oben, auch wenn man natürlich nicht dasselbe erwarten kann wie beim NipponConnection-Festival in Frankfurt.

Wenn hier in Zukunft für den diskussionswilligen Cineasten auf der einen und den Event-Besucher auf der anderen Seite noch ein bisschen was geboten wird und dazu noch die diskutierte richtig gute Homepage kommt, dann ist das eine runde Sache! So oder so, ich hatte eine tolle Zeit, es hat großen Spaß gemacht und ich freue mich auf nächstes Jahr!